Thema Mode

Fifty & Fabulous 

Mit dem 50. Geburtstag geht nicht nur erfahrungsbedingte Weisheit einher, sondern häufig auch der Wunsch, sich in Zukunft neu zu erfinden. Deswegen besinnt sich Timberland für das 50-jährige Bestehen seines Bestsellers – dem „Original 6 Inch Boot“ – gleichermaßen auf Vergangenes und Künftiges: Für das Projekt „Future73“ gestalten sechs Visionäre eine von der Zukunft inspirierte Version des Klassikers. Die Handwerkskunst wurde perfektioniert und ein Modell entwickelt, das nach ausgiebigem Tragen zerlegt und vollständig recycelt werden kann. Den gestalterischen Auftakt macht Schauspieler und Designer Edison Chen mit einem Schuh, der sich auf die chinesische Kultur und die buddhistische Achtsamkeits-Lehre stützt. Alle weiteren Capsule Collections von Nina Chanel Abney, Samuel Ross, Suzanne Oude Hengel, Humberto Leon und Christopher Raeburn werden im Laufe des Jahres lanciert und sind online sowie in ausgewählten Stores erhältlich.

Es war der Traum zu dieser Welt. Dreißig Jahre ist es her, dass Maria Grazia Chiuri, die Kreativdirektorin bei Dior Woman, mit den Chanakya Ateliers in Mumbai eine Adresse fand, an der ihr ausgeprägtes Faible für Stickerei-Kunst umgesetzt und perfektioniert wurde, während in ihrer Heimat Italien diese Kunstfertigkeiten eher in den Hintergrund trat. Seither sind die Bande eng. Am Donnerstagabend wurde der Höhepunkt dieser langen Freundschaft mit einer in Indien noch nie dagewesenen Show zelebriert.

 Und das vor dem „Gateway of India“, im vergangenen Jahrhundert zu Ehren von König George und Queen Mary direkt am Arabischen Meer gebaut, ein steinerner, riesiger Willkommensbogen. An diesem Abend stand davor noch ein Tor, ein indischer Toran, die typischen, ganz individuellen Türvorhänge, mit denen Gäste willkommen geheißen werden. Dieser war handgefertigt von der Chanakya School, eine Liebeserklärung an Dior, dadurch schritten 100 Models mit Maria Grazia Chiuris Antwort: Einer Prefall-Kollektion, die das Handwerk ehrte, das Land, die Kultur und die Strecke Indien Frankreich, Paris-Mumbai hin und zurück legte. Eine ihrer schönsten je. Kultureller Austausch in seiner wahren, kostbaren Form. #moretocome

Jeremy Scott verlässt Moschino

Ein bisschen Spaß muss sein, auch in der Mode. Kein Designer der Gegenwart versteht das so gut wie Jeremy Scott. Seine erste Moschino-Show war ein Big Bang: Zu Beginn Kostüme und Kleider im Rot und Gelb von McDonald’s, dazu Taschen mit einem geschwungenen „M“, das ans Logo der Fast-Food-Kette erinnerte. In der Mitte Spongebob-Strick und zum Schluss Kleider mit Chipstüten-Print. Was Jeremy Scott für den Herbst und Winter im Jahr 2014 erdachte, war eine Hommage an den schnellen Konsum. Nicht jeder in der Modewelt fand es lustig. Darf Luxus so etwa nicht aussehen? Dass er es darf, hat der Amerikaner allen Kritikern bewiesen, indem er beständig und überaus erfolgreich weitermachte mit seiner Mode. Die pinken Barbie-Kleider, die Minikleider mit „Sale“-Aufdruck im XL-Format und die Jackie-Kennedy-From-Outer-Space-Roben rissen ihm die Kundinnen aus den Händen. Mode als Performancekunst – perfekt inszeniert für die Instagram-Zeitalter. Nach zehn Jahren tritt Jeremy Scott nun von seinem Posten zurück. „Ich bin stolz auf das Erbe, das ich hinterlasse“, sagt er. Kann er auch. Über sein Moschino konnte man nicht nur lachen, man wollte darüber nachdenken. Ein Nachfolger wurde noch nicht bekannt gegeben.

Balenciaga Winter 2023/24

Schiaparelli

Er kann es einfach: Mit Daniel Roseberry hat Schiaparelli tatsächlich den Designer, der die legendäre Marke zu zeitgenössischer Begehrlichkeit führt. Mit der ersten Prêt-à-porter-Show in Paris hat er gezeigt, dass Schiaparelli nicht nur Haute Couture kann. Schließlich ist auch der Vertrieb auf Expansion ausgerichtet, bei Harrods wurde kürzlich ein eigener Store eröffnet.

Die Kollektion ist eklektisch wie einsetzbar, die überwiegend schwarzen Anzüge und Kleider auf Figur geschnitten, mit weichen Schultern und schmaler Taille, dabei auf eine Weise, die nicht nur nach Größe 34 ruft. Natürlich fehlt die „Signature“, die goldenen Details, fein dosiert, nicht. Das weiße Ensemble mit schwingendem Rock und Rollkragen (wichtig, die dicke Goldkette dazu) hat Starqualität, die Mäntel sind einfach schön. Es spielt dem Haus sicher in die Karten, dass es nach den Covid-Jahren eine neue Sehnsucht nach Eleganz gibt, auf die die Mode derzeit flächendeckend antwortet. Bei Schiaparelli gehört sie zur DNA.

Kleines Augenzwinkern am Rande: Hatten bei der Haute Couture die perfekten Rekonstruktionen von Dante Fabeltieren Löwe, Schneeleopard und Wolf noch für Aufregung gesorgt, kam der schwarze Fellmantel nun ohne Tierkopf daher. Roseberry beherrscht halt die Gratwanderung zwischen irreal und real. Schiaparelli steht nun für beides.

Bottega Veneta mag vor zwei Jahren seinen Instagram-Account gelöscht haben, stattfinden muss die Marke auf Social Media natürlich trotzdem noch. Sandfarbene Stricksocken (etwa zu einem Lingerie-Look oder einem Pulloverkleid) haben Kreativdirektor Matthieu Blazy dieses Mal gereicht, um das Netz in Verzückung zu setzen. Gewöhnliche Socken? Bei Bottega Veneta? Wo Lederhosen neuerdings wie Jeans aussehen, also Luxus nicht mehr nur als Handwerk, sondern auch als Innovation begriffen wird? Ja, und genau deshalb sind sie aus Leder gestrickt und können auch wie Schuhe getragen werden. Dazu passen am besten die Pyjamas, die aussehen, als wären sie aus Flannel, in Wahrheit aber aus Nubuk sind. Nicht alles für den nächsten Herbst ist Cocooning und Illusion. Viele Teile beeindrucken schon auf den ersten Blick, wie etwa die Hemden, Jacken und Mäntel mit mehrlagigen Krägen und Manschetten oder ein mintfarbenens Kleid mit Federkaskade. Effektvoll, aber tragbar. Dieser Spagat ist bekanntlich die größte Modekunst. Bottega Veneta scheint übrigens langsam wieder aktiv Gefallen an Social Media zu finden: Auf Sina Weibo, einer chinesischen Plattform, ist die Marke seit ein paar Tagen wieder zurück.

„Ferragamo ist ein Kraftpaket, riesiger Veranstaltungsort, riesige Kollektion. Maximilian Davis macht wirklich einen tollen Job, es ist sicher nicht einfach, eine Luxusmarke zeitgemäß begehrenswert zu machen, ohne den Faden einer langen Geschichte zu verlieren. Nicht nur seine Eltern, die die Show und die Afterparty besuchten, waren begeistert. Und es war herzerwärmend, die Begegnung zwischen Max und seinem Ehrengast Lee Jeno bei der Aftershowparty zu sehen. Zwei höfliche, coole, brillante junge Männer. Das sind Typen, die wir in der Zukunft sehen wollen.“ Instagram Inga Griese

gucci

TOD’S

Backstage nach der Show erklärte Walter Chiapponi die neue Tod’s-Kollektion so: „Ich habe mit klassischen Stücken der Männergarderobe gespielt, sie manipuliert und aufgebrochen.“ Er hat die Knöpfe von Peacoats mit Leder überzogen, Bomberjacken aus Napa erdacht, bodenlange Mäntel mit Schulterpolstern und einer schmalen Taille versehen und Boyfriend-Blazer mit asymmetrischen Knopfleisten versehen. Dem gegenüber hat er ein paar wenige (und für Tod’s neue!) ultrafeminine Kleider gestellt; sie kunstvoll drapiert, mit glitzernden Stickereien versehen und kurz unterm Knie enden lassen. Macht unterm Strich: „Eine Garderobe für Frauen, die stark und sexy sind“, so Chiapponi.

Schon Marco de Vincenzos Debüt-Kollektion vor sechs Monaten war eine ziemliche Ansage: Mit ultrakurzen Röcken, Bralets und Baggy-Pants hatte er Etro auf Jugendlichkeit getrimmt, um die Marke für neue Zielgruppen zu öffnen. Die für das Haus so typischen Boho-Kleider und das Paisley-Muster waren kaum zu sehen. Über seiner zweiten Kollektion schwebt nun ganz offiziell der Begriff „radikal“. „Er kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Wurzeln“, sagte de Vincenzo. „Aber ich bin nicht hier, um etwas zu zerstören, sondern um es zu bewahren.“ Passend dazu hat er die Show-Location, den Innenhof vom Palazzo Senato, mit Absperrbändern und Schutzvlies zur Baustelle umdekorieren lassen. Weniger Abriss, mehr Sanierung. Das Paisley-Muster ist jetzt wieder präsenter. Die Boho-Kleider ziehen sich wie ein roter Faden durch die Kollektion, kombiniert zu Tartan-Wolldecken und schweren Cardigans. Dazwischen taucht immer wieder ein Piece auf, das aktuell zum Riesentrend bei der Generation Z avanciert: das Poloshirt-Kleid. De Vincenzo präsentiert es in einer gestrickten Version und mit Fransen am Saum. Alles drin im Bild: Was Etro in der Vergangenheit war und in der Zukunft sein soll. 

“Sex positivity is something amazing. We like to play at Diesel, and we are serious about it. Have fun, respect each other, be safe. For Sucsexful Living!” Glenn Martens, creative director of Diesel.

FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL
FOTOS: NICOLAS KAWOHL

Zum Saisonstart sind viele der Modeleute da. Armani Lud zur Schmuck- und Uhrenpräsentation im „Kulm“ und zur „Trunk Show“ in einem Freiluft-Unterstand im Badrutts Park vor dem alten Stadion. Dort fanden einst die olympischen Wettkämpfe im Eisschnelllauf, Eishockey und Eiskunstlauf statt. MEHR HIER

Fotos Nico Kawohl

Guccis Game

Wie sehr das italienische Modehaus Gucci dem Spielerischen verfallen ist, offenbart schon ein Blick auf aktuelle und vergangene Kollektionen. Gemeinsam mit der ESL FACEIT Group, einem Unternehmen für Online-Games und E-Sports, will man auch digital ganz oben mitspielen. Nachdem 2022 die Gucci Gaming Academy eröffnet hat, die aufstrebende Gamer beim Karrierestart unterstützt, folgt mit GG Legends nun eine Serie von Dokumentarfilmen, die die Höhen und Tiefen der Branchen-Stars auf dem Weg an die Spitze zeigen. Den Auftakt macht Jorien „Sheever“ van der Heijden, E-Sports Moderatorin und Pionierin für Frauen im Gaming-Bereich. Sie versteht sich als Kämpferin – egal, ob es um ihr Durchsetzungsvermögen im von Männern dominierten Gaming oder dem Kampf gegen ihre Brustkrebserkrankung geht. Ihr Antrieb? Der unbedingte Wille, zu gewinnen.

New Burberry?

Es zeigt sich, dass zu einem neuen Look manchmal weniger die Marke, als der Designer beiträgt. Mit mutigem Beispiel gingen in der Vergangenheit etwa Tom Ford und Alessandro Michele für Gucci voran. Dem britischen Traditionshaus Burberry stehen mit Daniel Lee als neuem Kreativdirektor ähnlich revolutionäre Veränderungen bevor. Zuletzt verhalf der Designer dem italienischen Konkurrenten Bottega Veneta zum großen Hype: Mit Pouch Bags, Combat-Boots und dem inzwischen typischen Bottega-Grün begründete er das New Bottega. Auch bei Burberry will man mit Lee ein neues Kapitel aufschlagen. Die erste Kampagne gibt Hinweise auf die gemeinsamen Visionen. Burberry-Klassiker wie der Trenchcoat werden durch die Augen Lees neu in Szene gesetzt: Vor Londoner Wahrzeichen präsentieren britische Talents die Zukunft der Marke. Besiegelt wird die Zusammenarbeit mit Logo und Schriftzug, die sich wie Signaturen über die Fotografien ziehen. Angelehnt an ein Design des Jahres 1901 ist das lateinische Wort Prorsum Teil des Logos. Vorwärts lautet die Übersetzung, die nur noch neugieriger auf Lees neues Burberry macht. Stay tuned – am 20. Februar präsentiert der Designer seine erste Burberry-Show auf der London Fashion Week.