Valentino in Venedig
In Italien wird Mode als Kulturgut geschätzt und eine der vielen Wiegen der italienischen Kultur ist ohne Zweifel Venedig. Nur wenige Dinge können es in Sachen Schönheit mit dieser Stadt aufnehmen, aber in der neuen Haute Couture-Kollektion von Valentino haben die Kanäle, Palazzi und das Licht von Venedig einen ebenbürtigen modischen Dialogpartner gefunden. Selbstbewusst präsentierte sich dieser am Donnerstagabend in den Gaggiandre, historische Schiffsanlegestellen aus dem 16. Jahrhundert, die sich im Arsenale befinden, Venedigs einst wichtigstem Produktionszentrum. Heute dient es als Bühne für das Programm der Biennale, bietet eine Heimat für Kunst oder Tanz, und nun auch für die Mode.
Pierpaolo Piccioli wollte mit dem Event gezielt die gerade zu Ende gegangene Theater-Biennale unterstützen, jedoch ohne sich aufzudrängen. Stattdessen reiht man sich ein in die Künste, die diese Stadt so groß gemacht hat, und ließ dabei klugerweise den geborgten Laufsteg praktisch unberührt. Bis auf das Aufstellen der Publikumssitze wurde praktisch nichts an dem Ort verändert. Die Mode von Pierpaolo Piccioli fügte sich umso müheloser in ihre zauberhafte Umgebung ein. Es ist eine sehr moderne Form der Haute Couture, die abweicht von allzu viel Dekor, Stickereien und lieblichen Kleinkram, die sich dafür fokussiert auf Linien, klare, starke Farben und mutige Silhouetten. Im Ergebnis wird sie tragbarer, liefert eine Garderobe aus schlichten Mänteln, fließenden Kleidern mit hohen Schlitzen, Bügelfaltenhosen und sogar Tanktops. Auf Extravaganzen verzichtet Piccioli nicht, doch er setzt sie sehr gezielt ein, nutzt Marabu-Federn, um tragbare Wolken zu entwerfen, ob in Form eines Hutes oder als Verzierung am Kleid. Jede Idee sagt etwas aus – erst recht, weil viele Ideen von Künstlern stammen, mit denen das Haus anlässlich dieser Kollektion zusammengearbeitet hat. Silvia Ihring