Engel auf Erden
Seine Träume kannten keine Grenzen. „Louis Dreamhouse“ lautet der Name der jüngsten Louis Vuitton-Männershow, der letzten, die von Virgil Abloh entworfen und von seinem Team fertiggestellt wurde. Und so gewährte das Haus in Paris zum letzten Mal Eintritt in Ablohs Ideenwelt, ein Haus voller Überraschungen und versteckten Ecken, in dem das Unmögliche der Maßstab war und in dem schon immer jeder willkommen war. Abloh hat die Modebranche vielfältiger, neugieriger und offener gemacht, er wollte andere inspirieren und zum Träumen anregen. Seine letzte Show in Paris spiegelte wider, wie spielerisch und mit wie viel Vorstellungskraft er an seine Kollektionen heranging.
Die Gäste betraten ein türkisfarbenes dekonstruiertes „Dreamhouse“, wie von einer mysteriösen Macht gesprengt, hier lag das Dach, dort hinten die Treppe. Wie ein Pool streckte sich die Szene vor allem aus, an einem Bankett-Tisch wartete ein Orchester auf seinen Einsatz, Ablohs Ehefrau Shannon beobachtete die Show mit Vuitton-CEO Michael Burke an ihrer Seite. Tyler the Creator hat den Sound zur Show komponiert, und auch sonst war das Event wie immer das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit so vielen Talenten. Während die Models die Kollektion vorführten, bewegten sich Tänzer um sie herum, zum Schluss trat das Team mit eigens angefertigten T-Shirts heraus. Darauf zu sehen: Ein Zauberer.
Abloh ließ sich vom Unglaublichen nicht einschüchtern, sondern versuchte sich an seine eigene Form der Zauberei. Das Ergebnis sind opulente Anzüge aus Samt, Trenchcoats aus blumig gemusterten tapetenähnlichen Stoffen, Taschen, die an Bouquets erinnern und Basecaps mit Schleiern. Aus Streetwear wird festliche Kleidung, die sich keiner Kategorie mehr zuordnen lässt: College-Jacken treffen auf Tüllröcke, Nike-Sneakers auf azurblaue Satin-Sakkos. Sechs komplett weiße Looks markierten das Finale der Kollektion, zwei Models trugen Flügel-ähnliche Konstrukte auf dem Rücken, Botschafter eines Designers, dessen Traum weiterlebt. Silvia Ihring