Am Ende des Regenbogens

„Long Live Virgil“, rappte Kendrick Lamar live bei der jüngsten Louis-Vuitton-Männerschau in Paris. Niemand kann den verstorbenen Chefdesigner Virgil Abloh auf die Erde zurückholen, doch auf der finalen Abschiedsschau schien sein Geist so lebendig, präsent und einflussreich zu sein wie eh und je. Eine Marschkapelle läutete den Beginn der Schau ein, die auf einer leuchtend gelben Autorennbahn im der Cour Carée im Louvré stattfand.

Die Branche nimmt sich stets sehr ernst, doch Abloh vermochte es, sie mit Leichtigkeit, fast wie durch die Augen eines Kindes zu sehen – und eben diese Gabe spiegelten Schau und Kollektion wider. Taschen erinnerten an Spielzeughäuser, Scheren hingen an Sakkos, gigantische Edelweiß-Motive schmückten Mäntel und bunte Perlen baumelten an Mützen. Zum Schluss trugen die Models eine riesige Regenbogenflagge über den Laufsteg, die an den bunten Catwalk von Ablohs erster Show im Jahr 2018 erinnerte. Den Optimismus und die Lebensfreude, die die Farben damals ausdrückten, tragen sie noch heute in sich.

Louis Vuitton

SS23 Men

Was ist Realität und was ist Einbildung? Bei der SS23 Menswear Show Louis Vuittons verschwimmen die Grenzen.

Die Louis Vuitton Men SS23 Show in Paris

AMI

Vorsicht, heilig!

Englischer Rasen wirft bei Betrachtern häufig das Gefühl auf, einem Gewächs gegenüberzustehen, das besser in Form ist als man selbst. Also, lieber außen herumlaufen. Eine Art VIP Konzept fährt der „heilige Rasen“ von Wimbledon: Nur Spieler, Schiedsrichter und Ballkinder dürfen ihn während des ältesten der vier Grand Slam Turniere betreten. Traditionell muss dafür überwiegend weiß getragen werden. Jetzt widmet der offizielle Ausstatter Ralph Lauren dem 100-jährigen Bestehen des Center-Courts in Wimbledon eine eigene Kollektion. Die Sweatshirts, T-Shirts oder Kappen im Preppy Look sind in Weiß, Grün und Blau gehalten. Als Zuschauer ist man damit schon mal qualifiziert. Das Turnier findet von 20. Juni bis 10. Juli statt, die Kollektion gibt’s online und in ausgewählten Ralph Lauren Geschäften.

Workation gefällig?

Der Traum vom Mobile Office endet häufig mit der Erkenntnis, dass schon auf der Wiese im Stadtpark für die Arbeit am Laptop archäologische Entzifferungskünste gefragt sind – Sommersonne sei Dank. Die Kollaboration zwischen Carhartt WIP und dem koreanischen Campingausstatter Helinox könnte nun Abhilfe schaffen: Das große Royal Box Shade Sonnenzelt ermöglicht einen ungeblendeten Blick auf den Laptop und schützt dank Lichtschutzfaktor 50 auch vor Sonnenbrand und -stich. Mit dem Sunset Chair und dem Tactical Field Office gehören außerdem Campingstuhl und Tisch zur Kollektion. Angelehnt an die aktuelle Carhartt WIP Kollektion, erscheinen alle drei Pieces im Camo Tide Camouflage-Print. Der Eismann läutet die Pause ein? Kein Stress, der Tisch ist schnell zusammengeklappt.

Neue Nonchalance

Mit seiner langen Tradition unterliegt der Männeranzug nur selten modischen Schwankungen. Bei Brunello Cucinelli schafft man es, ihn trotzdem neu zu erfinden: Für die Frühjahr-Sommer Kollektion 2023 sollen ihn legere Schnitte, Naturfasern und helle Farben zum alltags- und sommertauglichen Zweiteiler machen. Dünne Strickwaren und Schuhe ergänzen die Kollektion und lassen sich auch einzeln – mit Sakko oder Anzugshose – zu lässigen Looks kombinieren.

„My work stems from a question: what’s next for tailoring? And for the needs of the lives of today? The idea is to use our craftmanship as a progressive tool, keeping the finesse, the attention to detail, the respect of materials while experimenting with shapes that are light and materials, solutions and finishes that give these shapes a new technicality, to mostly building up a new silhouette where effortless and innovation create a new style for men. In doing so, we keep expanding and solidifying a distinctive language, the one of Zegna.” Artistic Director Alessandro Sartori for Zegna

Kleines Karo, ganz groß

Quaderna bedeutet „Heft“ auf italienisch, und wie die Seiten einer Rechenkladde sieht der Tisch gleichen Namens auch aus. Das Karomuster seiner Rundum-Beschichtung aus Laminat stimmt genau mit seinen Ecken und Kanten überein, so dass sie geradezu verschwinden. Genau darum ging es der Gruppe Superstudio aus Mailand, die den Tisch der 1970er entwarf: Ein Möbel, das sich quasi im Raum auflöst. Solche Experimente waren typisch für das so genannte „Radical Design“, das damals die Szene der Gestalter aufrüttelte. Der Tisch ist eine Superikone, die Zanotta seit 50 Jahren herstellt. Der Geburtstag wird mit zwei neuen, zuvor nie produzierten Varianten – einem Schreibtisch und einem Coffeetable – gefeiert – und einem Wollteppich, der das Muster aufnimmt. Sieht alles präzise, aber nie kleinlich aus. Kein Wunder. Die Vorlage des Musters wurde frei von Hand (!) gezeichnet. Zanotta.it

Bulgari geht an Bord

Die „Aluminium“-Uhren von Bulgari richten sich an ein junges, italophiles Publikum. Da passt die Partnerschaft mit der „Amerigo Vespucci“ bestens ins Bild. Bulgari widmet dem imposanten Ausbildungsschiff der italienischen Marine eine limitierte Edition der „Aluminium GMT“: mit schwarz-gelbem Blatt, das an die Rumpffarben des Traditionsseglers erinnert, und einer Mahagoni-Box mit eingraviertem Kadetten-Motto („Nicht der, der beginnt, sondern der, der durchhält“). Auf italienisch natürlich, so stolz wie die kleine Nationalflagge auf dem Zifferblatt und der Name des Schulschiffs auf dem Titan-Boden des Alu-Gehäuses, das einen Druck bis 10 bar durchhält. Angetrieben wird die Uhr von einem automatischen Manufakturwerk. Uhrzeit und zweite Zonenzeit sind dank kräftiger Leuchtmasse auch auf der Nachtwache ablesbar.

„Aluminium GMT Amerigo Vespucci Special Edition“, 40-Millimeter-Gehäuse am Kautschukband, limitiert auf 1000 Exemplare, 3950 Euro. Jan Lehmhaus

Chronograph fürs Highlife

Die 2020 vorgestellte „Highlife“-Linie von Frederique Constant passt mit ihrem markanten Gehäuse bestens in den Trend zur sportlichen Stahluhr. Neben dem Dreizeigermodell gibt es bereits Ausführungen mit skelettiertem Werk, mit Weltzeitanzeige und einem ewigen Kalender. Mit dem bei La Joux-Perret entwickelten Chronographenkaliber wird’s noch einmal deutlich sportlicher – und bleibt dabei ganz lässig: Auf eine Tachymeterskala für hektische Geschwindigkeitsmessung hat man verzichtet.

Schließlich passt die „Highlife“ besser zum Leinensakko als zum Overall, weniger auf die Rennbahn als an die Poolbar. Wichtiger ist da die sommertaugliche Wasserdichtigkeit des 41-mm-Gehäuses bis 10 bar. Dessen Drücker wurden leicht geneigt, um sich in das Designkonzept einzufügen. Angeboten werden drei  Varianten; die im Bild, mit blau-weißem Panda-Blatt, ist limitiert und kommt dafür mit drei Bändern: Stahl, Leder und Kautschuk. 3295 Euro.

MOSCHINO SS23 MENSWEAR

Credit: Moschino

Walter Chiapponi

bei der Tod’s SS23 Männerschau

ETRO

SS23 Menswear

Mr. Fantasy verlässt die Bühne. Kean Etro hat das magische Bild von Etro mehr als 30 Jahre lang geprägt. Er kreierte erstaunliche Showsettings, lange bevor es üblich wurde. Er ließ die Models durch ein Milchbad schwimmen, ‚übernahm‘ Mailand mit Ochsen und Pferden, baute eine Autowaschanlage und vieles mehr. Jetzt hat die Familie das Unternehmen verkauft, Marco de Vincenzo übernimmt das kreative Ruder, Kean und seine Schwester Veronica bleiben als Berater. Für seine letzte Sendung schickt Kean jedem Journalisten ein besonderes Gedicht. Seine Gedichte werden für immer bleiben.

Inga Griese

PRADA TESTIMONIALS

Jaehyun & Song Kang

Prada auf Papier

Was braucht man so als Mann in seinem Kleiderschrank? Vermutlich ein Hemd, bestimmt eine Jeans, vielleicht auch ein Sakko. Eine Lederjacke wäre nicht schlecht, für die Mutigen die passenden Shorts dazu, für die Entspannten einen Ringelpulli und für alle einen schwarzen Anzug. Solche Sachen stellt die Branche in Massen her, doch Prada besteht mit seiner neuesten Männerkollektion für den nächsten Frühling darauf, das auch die klassischsten Basics nicht von irgendwoher kommen sollten. Der Mann soll gezielt auswählen, und sich dabei natürlich nach seinem eigenen Typ richten: Der Mix aus Büroensembles, Lederoutfits und Schuljungen-Looks machte auf dem Laufsteg mehr Sinn, als man es zunächst vermuten würde. Das gesamte Set, das an das Interieur eines Hauses erinnerte, bestand übrigens aus Papier, ebenso ein Mantel, der zur Einladung mitgeschickt wurde. Hinter einer alltäglichen Fassade steckt oft mehr, als man denkt. Bei Prada erst recht. Silvia Ihring

Bilder: Getty Images

Prada Men SS23 in Mailand

VERSACE

Generation grenzenlos

 Barock und Pop – kaum ein Designer brachte diese zwei scheinbar gegensätzlichen kreativen Bewegungen so erfolgreich zusammen wie Gianni Versace. Und das Rezept funktioniert bis heute, erst recht bei einer jungen Generation, die mit Kontrasten und Extremen so lässig umgeht wie kaum eine vor ihr. Eben diese Generation Z – auf dem Laufsteg repräösentiert von den Söhnen von Modelstars wie Helena Christensen oder Carla Bruni – feiert Donatella Versace mit ihrer neuesten Männerschau. So fließend die Schnitte sind, so klassisch sind die Silhouetten, so soft die Farben, so pompös die Muster. Enge Tanktops mit Cut-Outs zur Bügelfaltenhose oder Mesh-Sakkos zu Baggy Pants – alles geht, bei Versace sowieso.

Die besten Jahre

Dass Dolce & Gabbana die Hochzeit von Kourtney Kardashian ausgestattet hatten, war überraschend, aber ebenso unerwartet waren die Outfits der Gäste: Kendall & Co. trugen zum großen Teil Vintage-Looks des Labels. Dass sie darin ziemlich gut aussahen erinnerte daran, wie zeitlos und wegweisend die Mode von Dolce & Gabbana war, als das Label 1995 erstmals mit der Arbeit begann.

Stefano Gabbana und Domenico Dolce experimentieren bekanntlich gerne mit neuen Technologien und Trends, doch diese Saison nutzten sie für eine Rückschau auf ihr Lebenswerk, das sie so weit gebracht hat. Fast alle Stücke aus der neuen Männerkollektion basieren auf Archiventwürfe und sind auch mit dem Jahr gekennzeichnet, in dem sie erstmals erschienen sind. Junge Kunden durchforsten das Internet nach Vintage-Teilen von Dolce & Gabbana. Nun machen ihnen die Designer die Suche ein wenig leichter. Silvia Ihring

Die Stilisten in WELT AM SONNTAG Norddeutschland. Unsere Sylt-Ausgabe.

DIOR PRESENTS

 THE CRUISE 2023 COLLECTION 

 In Sevilla, Plaza de España

Gegensätze ziehen sich an

Zwischen klassischer Eleganz und rebellischem Punk-Look liegen Welten? Nicht, wenn es nach Cartier und Markenbotschafterin Lily Collins geht. Für die neuesten Schmuckstücke der „Clash de Cartier“-Kollektion ziehen die Clou Carré-Nieten in doppelreihigen Ringen und Ohrringen den Blick auf sich. Dass man bei Cartier nicht nur auf gewohntem Terrain brilliert, zeigte schon die von geschwungenen Nägeln inspirierte „Just un clou“-Serie als Gegenpol zur feinen Haut Joaillerie des Hauses.

 Mit „Clash de Cartier“ widmeten die Franzosen 2019 eine gesamte Kollektion dem stilistischen Kontrast: Aus der Punk-Szene entlehnte Nieten treffen auf flexible Rundnoppen und vereinen so rockiges Design mit traditionellem Handwerk. Testimonial Lily Colins zeigt nun, wie man zwischen den Welten wandelt: Sie trägt den Schmuck zum All-Black Outfit mit Micro-Pony, als auch zum kleinen Schwarzen und roten Lippen. Kim Hofmann