Wir genießen das Stadtleben nach den langen Fahrten durch die Wüste sehr und freuen uns schon auf die Hauptstadt Nuakschott. Auf dem Weg dorthin machen wir circa 100 Kilometer vor der Stadtgrenze Rast, um die Nacht am Meer zu verbringen. Voller Vorfreude klettern wir in unser Dachzelt und schlafen selig, bis wir von Blitz und Donner geweckt werden. Wir freuen uns über den einsetzenden Regen, denn er wird in dem an Wasser armen Wüstenstaat sehnlichst erwartet und das Trommeln der Tropfen auf dem Dachzelt klingt schön. Als Regen und Wind zunehmen, werden wir allerdings unruhig und als es dann richtig kesselt, drückt der heftige Wind den Regen so heftig gegen den Stoff, dass das Wasser eindringt. „Runter“, sagt Michel, klettert nach Draußen und macht für Anni und Jaguar den Beifahrersitz klar. Während unsere Mitreisenden in Van und Riesentruck offensichtlich ruhig schlafen können, rettet Michel Klamotten und Bettzeug aus dem Dachzelt und sitzt schließlich tropfnass um halb eins in der Nacht im Auto. Wir warten bis zum Morgengrauen und verfolgen, wie sich die sandige Straße zum Meer in einen See verwandelt. In Afrika braucht man die Offroad-Strecken nicht zu suchen, die kommen zu dir. In der Dämmerung fahren wir los. Unsere Begleiter lassen wir zurück – wir sind erschöpft, bei Jaguar schleicht sich eine Erkältung an und alles ist nass und klamm.
Wir folgen der langen mit Bäumen und Straßenlaternen gesäumten Straße in die Hauptstadt hinein – der Regen hat ganze Straßenzüge, Parkplätze und Gebäude unter Wasser gesetzt. Der Defender teilt rroblemlos eifenhohe Pfützen. Vor einer Patisserie machen wir halt. Ein Mann feudelt die Bodenfliesen vor dem Eingang, Menschen staksen, Baguettes und Brötchentüten unterm Arm, über den nassen Parkplatz. Im Café werden wir freundlich begrüßt und sehen offensichtlich so nass und müde aus, dass wir spontan zu Kaffee und süßen Teilchen eingeladen werden. Jaguar kann ihr Glück beim Anblick eines mit pinker Zuckerglasur und knallgrünem Baiser garnierten Törtchen kaum fassen. Was soll’s – wir genießen ihren offensichtlichen Genuss und freuen uns über so viel Freundlichkeit.
Wir brauchen dringend einen Platz zum Trocknen der total durchfeuchteten Matratze. Doch draußen ist es jetzt klamm und Jaguars Wangen sind gerötet und ihre Stirn feucht. Also beschließen wir bei der Deutschen Botschaft anzurufen und um Unterstützung zu bitten. Die Mitarbeiterin am Telefon erfasst unsere Situation blitzschnell: „Ich telefoniere kurz und melde mich gleich wieder“, sagt sie. Und nach dem nächsten Telefonat sind wir auf dem Weg zur Botschaft – zu Lara, die hier seit eineinhalb Jahren mit ihrem Mann Didier und den drei gemeinsamen Kindern lebt. Die Familie hat uns in ihr Privathaus eingeladen, damit wir unsere Sachen trocknen können. Wir erleben: Zwei wundervolle Tage mit Lara und Didier. Jaguar erholt sich schnell und genießt das Zusammensein mit den anderen Kindern, Didier schnappt sich unseren gesamten Wäschesack: „Ihr müsst müde sein nach vier Monaten unterwegs. Ich verstehe das. Legt Euch hin. Später gibt es Pizza.“ Die Freundlichkeit rührt uns und wir spüren tatsächlich, dass wir reif für eine Pause mit klimatisierten Räumen, fließend warmem Wasser und gedecktem Tisch sind. Die Pizza schmeckt herrlich und wir erfahren, dass Didier aus dem Kongo stammt. Seine Frau hat er in Südafrika kennengelernt und ist mit ihr schließlich nach Nigeria und Mauretanien gegangen. Bei Nigeria werden wir hellhörig, denn das als immer wieder als besonders gefährlich beschriebene Land ist unser Angstgegner. Lara und Didier hingegen berichten begeistert von ihrer Zeit dort und auch einen Besuch im Kongo halten sie für unbedenklich. „Nigeria ist schon herausfordernd – laut und voll. Aber wenn man sich an ein paar Regeln hält, kein Problem“, sagt er. Und auch Lara schätzt Afrika für seine Warmherzigkeit im Umgang miteinander schätzt, für die Fähigkeit der Menschen, das Leben mit Familie und Freunden über den wirtschaftlichen Erfolg zu stellen. „Hier gibt es deutlich weniger Herzinfarkte oder Schlaganfälle als in der westlichen Welt“, sagt sie. „Wir sprechen ja nicht umsonst von Zivilisationskrankheiten.“