Wellness im Fernen Osten: Jörg Gellner, Inhaber der Pforzheimer Schmuckmanufaktur Gellner, ist von der japanischen Lebenskultur fasziniert. Und erlebt sie regelmäßig in den traditionellen Bädern von Kinosaki Onsen, einem der ältesten Kurorte Japans
Magic Places
Kinosaki Onsen

Nishimuraya Ryokan in Kinosaki Onsen. Copyright: Nishimuraya
Seit ich mit 18 das erste Mal dort war, lässt mich Japan nicht mehr los. Nicht nur beruflich (das Land ist neben Hongkong der größte Handelsplatz für Südseeperlen), sondern vor allem privat. Die japanische Lebenskultur fasziniert mich. Sie gibt mir Zugang zu den Menschen, die dort leben, selbst wenn ich ihre Sprache nicht spreche (anders als meine Frau, die japanische Wurzeln hat, und unser ältester Sohn).
Regelmäßig machen wir mit der Familie dort Urlaub, und eines unserer Highlights ist Kinosaki Onsen, eine kleine Bäderstadt auf der Tango-Halbinsel am Japanischen Meer. Sie ist einer der ältesten und beliebtesten Kurorte Japans, ihre sieben heißen Quellen werden schon seit 1300 Jahren als Bäder genutzt. Die Stadt liegt malerisch in einem bewaldeten Tal, ein schmaler, von Bäumen gesäumter Kanal voller Kois durchzieht sie, und statt großer westlich geprägter Hotels gibt es mehr als 70 Ryokan – die traditionellen, meist familiengeführten kleinen Gasthäuser. Kein Wunder vielleicht, dass sich hier viele althergebrachte Alltagsrituale erhalten haben, die ich wohltuend entschleunigend finde.


Unser Lieblings-Ryokan ist das Nishimuraya, ein historischer Bau in der typischen japanischen Holzarchitektur, mit Innenhöfen und eleganten, sparsam möblierten Zimmern, in denen man auf Tatamis schläft und einen herrlichen Blick auf den Wald hat. Zur Begrüßung gibt es eine kleine Teezeremonie, das traditionelle Frühstück wird morgens nur zu zwei festgelegten Zeiten serviert, besteht es doch aus vielen kleinen Gerichten, die alle frisch zubereitet werden. Auf den Zimmern liegt das Outfit für den Aufenthalt schon bereit: Yukawa, die klassischen Bauwollkimonos, und Geta, Zehenschlappen aus Holz. Beides trägt man auf dem Weg in die einzelnen Bäder, und auch, um zwischen zwei Besuchen durch die kleinen Straßen zu streifen oder essen zu gehen.
Jeder Ryokan hat eigene heiße Bäder, doch die Attraktion sind die sieben großen, öffentlichen Bäder. Sie werden, wie die heißen Quellen selbst, Onsen genannt, und können jeweils nur von Frauen oder von Männern getrennt an wechselnden Tagen besucht werden.






Der Ablauf eines Besuchs unterliegt festen Regeln. Man entkleidet sich, Tatoos müssen abgeklebt werden (sie sind, weil die Mitglieder der Yakuza, der japanischen Mafia, welche trugen, im Land generell ein No Go). Dann wäscht man sich gründlich von Kopf bis Fuß, manche Männer bringen auch ihr Rasierzeug mit, danach duscht man sich mit heißem und kaltem Wasser ab – all dies auf einem kleinen Schemel sitzend. Derart gereinigt, geht es nackt in den eigentlichen Badebereich. Das einzige, was man bei sich trägt, ist ein kleines Tuch. Man legt es sich zur Abkühlung auf dem Kopf, denn das Wasser ist extrem heiß, 42 Grad Celsius. Es entspannt und soll wegen seines hohen Mineralgehalts auch gesundheitsfördernd sein. Also sitzt man in einem der Becken, in denen höchstens acht Personen Platz haben, auf dem Kopf das Tuch, schweigt und rührt sich kaum. Nach dem Bad duscht man gründlich und ruht aus, bevor alles von vorn beginnt, in diesem oder in dem nächsten Bad. Für mich gibt es nichts Entspannenderes. Der Kopf wird frei, man fühlt sich auf angenehme Art gesotten und hat danach einen Riesenappetit: Auf die vielen kleinen Köstlichkeiten, die die japanische Küche zu bieten hat.