Oaza, Norddalmatien

Magic Place

Oaza

Glücksort hoch überm Meer: Ein kleines Restaurant in Norddalmatien serviert einen 3-Sterne-Blick auf alles, was Kroatien besonders macht: Das Wasser, die Inseln, die ruppig erhabene Landschaft und die lange, wechselvolle Geschichte. Man kann sich nicht sattsehen daran, findet Gabriele Thiels.

Als Gott die Welt schuf, blieben ein paar Steine übrig. Und weil er nicht wusste, was damit tun, warf er sie einfach ins Meer. So sei ihr Land entstanden, erzählen die Kroaten gern, denn zu Kroatiens langer Adriaküste gehören gut 1000 Inseln. Die meisten davon sind Teil von Dalmatien, der sonnigen Region zwischen Dubrovnik und Rijeka, und natürlich ist sie ein Paradies für Segler und Motoryacht-Fahrer. Aber dass hier der liebe Gott am Werk war, wird nicht nur auf, sondern vor allem hoch über dem Meer deutlich. Und kaum ein Platz eignet sich dafür besser als die „Oaza Jelinjak“. Diese sehr kleine Taverne liegt im Norden Dalmatiens nahe dem Örtchen Primošten (und eine knappe Autostunde nördlich von Split), ganz oben auf einem jener Berge, die hier die Buchten säumen. Man fährt von der Küstenstraße bei Grebaštica über steile, enge Straßen hinauf, es gibt ein paar halbverlassene Weiler auf dem Weg, dann nur noch Olivenhaine und immer mal wieder handgeschriebene (und leicht zu übersehende) grüne Wegweiser. Die letzten zwei- bis dreihundert Meter sind eine Schotterpiste, rechts und links gesäumt von Weinreben. Sie führt zu einer Hand voll runder Hütten aus Bruchstein, die man in der Landschaft kaum wahrnimmt, ein paar Tischen, Holz- und Steinbänken unter freiem Himmel und zu einem Panorama, das einen umhaut.

So weit geht der Blick über die Landschaft mit ihren tiefen Buchten und übers Meer, wo sich die Inseln bis zum Horizont erstrecken, die meisten unbewohnte, grau-grüne Tupfen im strahlenden Türkis des Wassers. Im Nordwesten, wo der Fluss Krka in die Adria mündet, liegt šibenik. Fast 1000 Jahre alt ist die Stadt, vierhundert davon unter venezianischer Herrschaft, sie hat einen Dom aus dem 15. Jahrhundert, der zum Weltkulturerbe zählt und eine tipptopp restaurierte die Altstadt, deren enge Gassen den steilen Hang hochklettern. Sie diente schon als Kulisse für eine „Game of Thrones“-Episode und wird von historischen Befestigungen und auch von einigen etwas desolaten Wohntürmen aus dem Sozialismus bewacht. Dahinter windet sich der Fluss durch felsige Schluchten, in den 1960ern wurde hier „Winnetou I“ gedreht, und noch heute ist die Fahrt zwischen den schroffen Wände ein Spektakel, für das es sich lohnt, ein Boot zu mieten.

Die Inseln, das Meer, die ganze ruppige Erhabenheit der Landschaft, die lange Geschichte mit ihren Brüchen – all das liegt in der „Oaza“ vor einem wie ein reich gedeckter Tisch. Und die Magie entfaltet sich um so mehr, als der Rest so beiläufig, selbstverständlich und ganz und gar unaufgeregt daher kommt. Das Restaurant wird als Hobby betrieben, es ist nur drei Monate (Juni bis Ende August) im Jahr geöffnet und auch dann immer nur von Montags bis Freitags, abends ab 18 Uhr. „Das Wochenende gehört der Familie“, erklärt der Wirt Zdravko, der eigentlich Weinbauer ist, und hier auf seinem Land vor 12 Jahren die Hütten baute. Die „Oaza“ führt er zusammen mit seiner Frau, den beiden Söhnen, die sonst Ingenieurswesen studieren, und der Tochter, die hauptberuflich Grafikerin ist. Das Essen ist ländlich, lecker und landestypisch, die Karte sehr überschaubar. Wein und Käse sind hausgemacht, außerdem gibt es nur dalmatinischen Schinken und „Pekka“, eine große Platte mit Gemüse, Kartoffeln, Fleisch oder Tintenfisch, die in der Glut unter einer Glocke gegart wird und vorbestellt werden muss, weil alles nicht nur täglich frisch gekauft und zubereitet wird, sondern auch hochgeschafft werden muss in dieses grüne Nirgendwo. Überhaupt geht ohne Reservierung nichts (wirklich nicht), und die sollte man am besten schon ein paar Wochen im voraus machen, so rar sind die Plätze (40 max) und so schnell ist alles ausgebucht.

 

Und während man (immer) zu viel Käse und Schinken isst, statt auf den Hauptgang zu warten, senkt sich die Sonne über das Meer, taucht den Himmel in ein geradezu absurd intensives Orange und Rosé und jeden Gast  in einen Topf voll Glück. Es hält lange vor. Nächstes Jahr kommen wir wieder.

Oaza Jelinjak, Primošten, Kroatien, oazajelinjak.com

Text
Gabriele Thiels