Magic Place

Lagos in Portugal

Ave-Maria trägt ein Bariton hinauf zur Terrasse in den vierten Stock an der Praça Luís de Camões. Die Stimme verstummt, ein Klatschen setzt ein und mischt sich mit Stimmengewirr, Möwengeplapper und Schritten auf glatt geschliffenem Steinboden. In der Hand etwas Kühlendes, ein Eis, Sorte Limoncello, von Gelícia um die Ecke. Viel mehr braucht es hier nicht zum glücklich sein. Lagos liegt etwa eine Autostunde vom Flughafen Faro entfernt an der südlichen Algarve. Ein flüchtiger Google-Bilder-Check könnte glauben machen, man hätte es mit einem verschlafenen Fischerdörfchen zu tun. Fischerstädtchen trifft es eher, verschlafen keineswegs.

Wo wohnen?  

In Lago
Lagoa bei Nacht
Praça Luís de Camões
Pearl Food Trailer

Es stimmt schon, nichts geht über ein Zimmer mit Meerblick, und dennoch ist die Überraschung groß, wie erfüllend eine Bleibe über einem der alten Plätze in der Altstadt sein kann. Palisanderholzbäume lassen großzügig ihre lilafarbenen Blüten auf Flaneure und Musiker regnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich für eine Ferienwohnung oder ein Hotelzimmer entscheidet, der Trubel vor der Tür spielt die Musik. Was in Großstädtchen als zermürbender Lärm wahrgenommen wird, ist in Lagos eine Art Hintergrundmusik, die morgens und abends am besten auf dem Balkon genossen wird. Die Stadt hat die Eigenschaft, nie zu überfordern – erst recht nicht mit ihrer Größe.

So verläuft man sich innerhalb der alten Stadtmauern in kleinen Gassen in Boutiquen mit Korkhandwerk und Keramik, Galerien und Restaurants, bestaunt Mosaik verzierte Häuser und wundert sich nach gefühlten Runden im Kreis, doch am Ziel angekommen zu sein. Zu Fuß geht es am besten. Außerhalb der Altstadt liegen Buchten und der fünf Kilometer lange Sandstrand Meia Praia. Uneins darüber, wo die Strandmuschel zuerst aufgestellt werden soll, hilft eine Tour vorbei an versteckten Buchten zu den Grotten, wahlweise per Kajak oder im Motorboot. Wo Lichtstrahlen durch die steinerne Höhlendecke fallen, leuchtet das Wasser azurblau in die Dunkelheit. „Beautiful!“, wird der Kapitän nicht müde zu betonen. Er hat ja recht. Zurück am Hafen, macht man es sich mit ein paar Austern und einem Glas Vinho Verde am Pearl Food Trailer gemütlich und beobachtet Boote und Yachten, die von ihren Tagestouren zurückkehren. Zum Sundowner legen DJs auf.

Wo essen?

Restaurante A Forja

Bei der Wahl des Restaurants zum Abendessen könnte sich der tiefenentspannte Urlauber zum ersten Mal gefordert fühlen. Doch keine Sorge: Es ist recht schwer, in Lagos schlecht zu essen. Wer nicht direkt alle Essenspläne der nächsten Tage über Bord werfen möchte – weil köstlicher kann es kaum werden – sollte sich das familiengeführte Fischrestaurant „Restaurante A Forja“ für den Schluss der Reise aufheben. Frisch und am Stück liegt der Tagesfang in einer Kühltruhe am Eingang. In der Küche kochen vor allem Frauen, die etwa aus einer Scheibe gegrilltem Thunfisch mit Salat und Olivenöl beträufelten Kartoffeln einen Genuss machen, dessen Geheimnis auch nach ausgiebiger Recherche unergründlich bleibt.

Im Süden der Altstadt isst das Auge im „No Patio“ im wahrsten Sinne mit. Drinnen und draußen ist das Restaurant wie ein verwunschener Garten gestaltet, ohne die Grenze zum Kitsch zu überschreiten. Gerichte werden nicht auf Teller gefüllt, sondern sorgsam platziert. So passiert es, dass auch die mit Ziegenkäse gefüllten Kürbisravioli auf karamellisierten Äpfeln erst einmal betrachtet werden müssen. Einheimische zieht es eher ins „O Escondidinho“. Bekannt für seine Sardinen bringt der Chef persönlich den Nachschub vom Grill und verteilt so lang, bis wirklich jeder am Tisch satt ist.

„No Patio“

Eingang No Patio Restaurant

 

 

Was unternehmen? 

Praia de Tonel Sagres
Grotte Lagos
Leuchtturm Lagos
Strand Praia de Vale Figueira

Der Abendspaziergang nach dem Essen lässt die Vermutung zu, dass die Fischer zu großen Teilen durch eine andere Sorte Meermenschen ersetzt wurden: den Surfern. Abends strömen sie in die Bars und Pubs, nur um am nächsten Tag bei Sonnenaufgang wieder im Meer zu sein. Wer’s kann, mietet ein Board oder schließt sich einer der Surfschulen an, von denen es fast so viele wie Surfspots gibt. Weit entfernt von den Riesenwellen Nazarés ist Lagos ein guter Ort, um sich das erste Mal auf dem Brett zu versuchen. Gesurft wird je nach Bedingungen entweder im Süden oder an einem der Strände der Atlantikküste. Lizenzen sorgen dafür, dass sich die Schulen über die verschiedenen Strände verteilen. Faustregel: Je älter die Surfschule, desto besser in der Regel die Lizenz. So feiert etwa „The Surf Experience“ als eine der ältesten am Platz in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Ein Geschenk, wenn der Strand Praia de Vale Figueira an manchen Tagen mit nur einer weiteren Surfschule geteilt werden muss.

Wer an dieser Stelle berechtigte Sorgen um den Haussegen der Reisegruppe hegt, weil die einen nicht mehr aus dem Wasser raus und die anderen nicht hineinwollen, sollte sich gemeinsam Richtung Sagres am Atlantik aufmachen. Uneinigkeiten über die Tagesplanung lassen sich hier elegant beilegen, wenn etwa der Vormittag am pittoresken Surfstrand Praia de Tonel verbracht wird und am Nachmittag die Landzunge mit Leuchtturm und altem Fort erkundet wird. Den Sonnenuntergang genießt man aber besser am heimischen Leuchtturm in Lagos. Er ist, na klar, nur einen Spaziergang entfernt.

Tipp: Einheimische mögen ihr Lagos am meisten im Mai, September und Oktober, wenn es nicht so voll ist. 

Text
Jennifer Hinz