Als Korea noch eine geschlossene Gesellschaft war, machte der Fotograf Koo Bohnchang sich auf nach Hamburg. Seine Zeit dort hat ihn geprägt. Heute ist er international bekannt.
Im Juni 1984 bewarb der „Hamburg Führer“ die Ausstellung eines jungen Fotografen aus Korea. Der war noch ziemlich unbekannt, doch eines seiner Fotos schaffte es auf den Umschlag des Stadtmagazins: Eine rote Wand, aus der links eine Granitsäule hervortrat und ihren Schatten auf die rote Farbe warf, sodass ein grafisch anmutendes Spiel aus Licht und Schatten entstand. „Bohn-Chang Koo-Fotoausstellung bei Fotogenes, Galleria, bis 17. Juni“, stand unter dem Bild.
„Ich war so stolz“, sagt Koo Bohnchang fast 40 Jahre später mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Er sitzt an seinem Esstisch in Seongnam, einer Satellitenstadt von Seoul. Vor ihm liegen zwei braune Ordner, in denen er den „Hamburg Führer“ von 1984 sowie andere Postkarten und Flyer über diverse studentische Fotografie-Ausstellungen aus jener Zeit fein säuberlich in Klarsichtfolien aufbewahrt. „Ich glaube, ich muss nicht betonen, wie sehr mich meine Erfahrung in Deutschland beeinflusst hat“, sagt Koo. Dass er heute als ein Wegbereiter für moderne koreanische Fotografie gilt und ein Star in seiner Heimat ist, hat er auch dieser Erfahrung zu verdanken. Dabei wollte Koo zunächst gar nicht so gerne nach Deutschland, er wusste nur: Wenn er einen kreativen Beruf ausüben wollte, musste er raus aus einer Heimat. „Meine Eltern haben nicht daran geglaubt, dass ich als Künstler jemals ein Einkommen finden könnte. Also habe ich ein Business-Studium angefangen“, sagt Koo. Er arbeitete einige Jahre bei einem Unternehmen in Seoul. Glücklich machte ihn der Job nicht, aber er bot ihm eine Chance, doch noch seinen eigentlichen Traum zu verwirklichen. „In den 70er-Jahren lebte Korea in einer Diktatur, die es den Menschen schwer machte, das Land zu verlassen. Aber als Geschäftsmann gab es Möglichkeiten.“ Koo wurde als Vertreter seines Arbeitgebers nach Deutschland entsandt, wo er 1979 die Arbeit gegen ein Kunst- und Fotografie-Studium an der Fachhochschule in Hamburg austauschte.
Die Zeit in Deutschland vermittelte Koo nicht nur das nötige Wissen über seinen Beruf, sondern ein Verständnis dafür, wie man sich als Mensch über die Fotografie ausdrücken und seine Geschichte erzählen kann. Koo erzählt lange von seinem Freund André Gelpke, einem Fotografen, der heute in Zürich lebt. „Ich habe damals seine Arbeit in einem Buch entdeckt und ihn angerufen. Er lebte in Düsseldorf und hat mich sofort dorthin eingeladen, um sich mein Portfolio anzuschauen.“ Gelpke machte Koo darauf aufmerksam, dass er sich als Künstler auch durch seine persönliche Geschichte und Herkunft von anderen unterscheiden könnte.
„Erst in Deutschland begann ich, richtig über meine Identität als Koreaner nachzudenken.“
Die Kultur seiner Heimat ist nicht das einzige, aber doch ein zentrales Thema seiner nun 40 Jahre währenden Karriere. Koo Bohnchang hat sich vor allem mit sorgfältig inszenierten, an Malereien erinnernde Stillleben und Naturaufnahmen einen Namen gemacht. Die Serie „Vessel“ von 2006 zum Beispiel zeigt Keramiken der Joseon-Dynastie, die vom 14. bis Ende des 19. Jahrhunderts herrschte. Oft reist Koo zu Museen in verschiedenen Ländern, die traditionelle koreanische Keramiken ausstellen, um die Objekte zu fotografieren. „Auf diese Weise kann ich sie wieder in ihre Heimat zurückbringen. Auch, wenn es sich nur um ein Bild davon handelt.“
Red Plum, 2011