Trend Drinks

MASTER MIX

In der Barszene ist man frohes Mutes – es wird wieder getrunken. Warum damit nicht unbedingt Hochprozentiges gemeint ist, weiß Dirk Güldner, Barchef vom Hamburger „Mutterland“.

ICON: Die Geselligkeit hat in den vergangenen zwei Jahren gelitten. Getrunken wurde vor allem im kleinen Kreis zu Hause oder gar nicht. Haben wir das Feiern verlernt oder halten es die Leute eher mit „jetzt erst recht“?

Dirk Güldner: Die Leute haben große Lust, wieder auszugehen, auf Gesellschaft und das Ganze natürlich begleitet von Drinks. Ob die jetzt immer alkoholischer Natur sein müssen, werden wir in den kommenden Wochen sehen. Es werden zunehmend leichtere als auch alkoholfreie Drinks nachgefragt. Besonders jüngere Gäste haben keine Lust mehr darauf, betrunken zu sein. Sogenanntes „Komasaufen“, was vor ein paar Jahren groß in den Medien war, ist heute ein No-Go. Deswegen gehen auch Shots nicht mehr. Es wird viel mehr auf Qualität geachtet.

Das dürfte den Siegeszug des Champagners und das Aus für den Korn bedeuten, oder?

Nicht unbedingt. Richtig ist aber: Alles, was man unter Fusel einordnen würde, geht nicht mehr. Ich komme gebürtig aus Niedersachsen, dort trinkt man Doppelkorn. Inzwischen gibt es viele kleine Brennereien, die sich etwa auf Fasslagerung oder bestimmte Verschnitte spezialisiert haben. Da wird mit alten Getreiden gearbeitet, es muss ja nicht immer Weizen sein, ein Roggen in Bioqualität geht auch.

Ist auch ein Ende des Gin-Trends in Sicht?

Der Hype wird, glaube ich, nie wieder aufhören. Jeder Landstrich, jedes Dorf bringt gefühlt seinen eigenen Gin raus, und der Bauer hat auch noch einen eigenen – mit schwankenden Ergebnissen. Die Geruchsprobe gibt einen ersten Hinweis auf die Qualität, und genau weiß man es am nächsten Tag, wenn der Kopf schmerzt.

Alkoholfreie Gins könnten dem vorbeugen.

Das Phänomen alkoholfreien Gins – obwohl er offiziell so nicht genannt werden darf – gibt es ja schon länger. Früher schmeckte er nur nicht. Die Hersteller dachten, man könnte einfach mit einem Wassermazerat anstelle von Alkohol arbeiten und die Herstellung eins zu eins übersetzen. Doch für dieses neue Produkt müssen auch neue Technologien entwickelt werden. In die wird inzwischen viel investiert.

Gibt es auch gute alkoholfreie Drinks, die ganz ohne Ersatzprodukte auskommen?

Absolut, da findet eine Trendwende statt. Es wird mit vielschichtigen Aromen gespielt und experimentiert, damit am Ende spannende Kreationen entstehen. Die Zeiten, in denen den Leuten eine Saftschorle mit einem lustigen Blättchen darin hingestellt wurde, sind vorbei. Drinks auf Teebasis sind ein gutes Beispiel dafür. Aufgrund der verbesserten Grundzutaten haben sie die gleiche Komplexität wie alkoholische Drinks.

CherryChai

10 cl Rauchtee als Cold Brew

4 cl Kirschsaft  (kein Nektar!)

1cl Zitronensaft oder Verjus für die Säure

Tee mit kaltem Wasser aufgießen und ein paar Stunden ziehen lassen. Kirsch- und Zitronensaft dazugeben. Nach Geschmack mit Zuckersirup nachsüßen und mit Rosmarin garnieren.

Nach welchem Drink werden wir uns diesen Sommer sehnen?

Meine Lieblingsdrinks sind alle Agavenbrände, also Tequila oder Mezcal. Das ist auch ein kleiner Trend, der sich abzeichnet. Das Reisen funktioniert noch nicht wieder wie früher, die Leute sind nach meinem Empfinden vorsichtig. Mit Tequila stillt man ein bisschen sein Fernweh.

Oha, da bestellt man vorher besser die große Nachoplatte als Basis.

Leider haben viele Leute mit Tequila schlechte Erfahrungen gemacht – was nicht an der Spirituose liegt, sondern an Herstellern, die nur mit einem Mindestmaß an Agave arbeiten und Industriealkohol dazugeben. Das ist gepanschter Fusel für den Export, den man in Mexiko gar nicht bekommen würde. Kommt zum schlechten Alkohol noch das Ritual mit dem Salz und der Zitrone dazu, muss sich der Magen umdrehen. Leute, denen ich einen richtigen Tequila serviert habe, waren dagegen von der Geschmacksexplosion begeistert. Mein Favorit ist der El Diablo mit Limette, Crème de Cassis und Ginger Ale.

El Diablo

4 cl Tequila

2 cl Limettensaft

1 cl Creme de Cassis

Das Ganze mit Eiswürfeln in ein Longdrink Glas geben und mit Ginger Ale auffüllen.

Tipp: Wer es nicht ganz so alkoholisch mag, nimmt weniger Tequila, er wird trotzdem funktionieren.

Nicht jeder ist mit dem Shaker gleichermaßen begabt. Welcher Longdrink hält Gäste und Gastgeber bei Laune?

Investieren Sie in Wermut! Mit einer deutschen Variante ist man immer gut bedient. Viele der großen Weingüter haben inzwischen auch Wermut im Programm. Dazu Tonic, das funktioniert immer. Wer mag, gibt Früchte hinein, arbeitet mit Kräutern, gibt Minze oder Rosmarin dazu. Außerdem lässt sich mit Wermut sehr gut kochen.

Interview
Jennifer Hinz