Alex Proba X Toni Garrn Foundation

Wie die leuchten! 

Toni Garrn bringt jetzt Teppiche heraus. Entworfen von afrikanischen Schülerinnen, auf den Weg gebracht von Designerin Alex Proba und handgeknüpft in Indien, kommt der Verkauf der „Toni Garrn Foundation“ zugute. Und damit den Mädchen, die sie entwarfen. Wir sprachen mit dem deutschen Model über seine Stiftung, Bildung als Privileg und sein Faible für starke Farben.

Toni Garrn sitzt im Büro ihrer Stiftung in Berlin, aber wo sind die Teppiche? „Ich zeige es gern mal“, sagt sie, schnappt sich den Laptop und schwenkt ihm über den Boden, sodass auf dem Bildschirm die knallbunten Stücke mit den amorphen Formen und der reliefhaften Oberfläche erscheinen – und für einen winzigen Moment auch ihre Tochter Luca Malaika, die im Juli zur Welt kam. Sie liegt bestens umsorgt auf dieser farbenfrohen Textilwiese, „die Maus ist ja immer dabei“, erklärt Toni Garrn, bevor sie auf ihr anderes Baby zu sprechen kommt. Seit fünf Jahren gibt es die „Toni Garrn Foundation“,  das deutsche Supermodel hat sie zusammen mit dem Kinderhilfswerk „Plan international“ gegründet, um in Afrika Schulprojekte zu betreuen, die Mädchen Bildung, Sicherheit, Selbstbewusstsein – kurz: eine Zukunft – geben. Das Geld dafür kommt durch Spenden zusammen – und nun auch über den Verkauf von eigens entworfenen Teppichen. Dafür hat sich die Stiftung mit „Little Proba“ zusammen getan, einer Initiative der Designerin Alex Proba. Die gebürtige Lüdenscheiderin, die seit vielen Jahren ihr Büro in New York  führt, wurde mit starkfarbigen abstrakten Wandgemälden international bekannt und ist auch mit einer Home Kollektion erfolgreich. Bei „Little Proba“ wiederum entstehen Teppiche nach den Entwürfen von Kindern. Das fördert ihre Kreativität und kommt anderen, bedürftigen Kindern zugute, denn der Verkauf der Textilien wird an Wohltätigkeitsorganisationen gespendet. So wurde Toni Garrn auf die Idee aufmerksam.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Little Proba zustande?

Wir suchen immer Initiativen, mit denen wir nicht nur Spenden einnehmen, sondern unsere Mädchen auch beteiligen können. Wir sind keine Stiftung, die einfach nur Geld abliefert, wir sind im regen Austausch mit den Schulen und Schülerinnen, die wir unterstützen. Das Schöne bei dem Teppich-Projekt ist, dass die Mädchen selbst die Entwürfe malen und ihre Kreativität ausleben können. Auf diese Weise zeigen wir ihnen,  dass man auch damit Geld verdienen kann, auch wenn jetzt natürlich nicht alle Malerinnen werden sollen.

Kannten Sie Alex Proba vorher?

Ich kannte ihre Arbeiten. Sie ist ja eine anerkannte Künstlerin, macht super coole Grafiken, die ich oft auf der Art Basel in Miami gesehen habe. Gerade hat sie dort im Miami Design District ein Skulpturenprojekt verwirklicht – und die bunten Swimmingpools, die sie kreiert, sind toll. Ich bin auch jemand, der sehr farbenfroh ist, und so, wie sie eine Deutsche in New York ist, war ich es auch lange. Da passte die Zusammenarbeit einfach. Noch dazu war sie wahnsinnig offen dafür, dass 100 Prozent des Gewinns an die Stiftung gehen. Das ist für uns natürlich großartig.

Hat sie Vorgaben bei der Gestaltung gemacht?

Nein. Wir haben einen mehrtägigen Workshop in der Highschool durchgeführt, die wir in Ghana unterstützen, und Alex Proba war virtuell dabei. Wir hatten den Mädchen gesagt: Malt, was Euch in den Sinn kommt. Sie haben Alex’ Stil aufgenommen, die groben, nicht zu detaillierten Formen, die vielen Farben – aber sie waren zugleich ganz stark von ihrer eigenen kulturellen Tradition und ihren eigenen Farben inspiriert. Es sind ihre authentischen Ideen. Alex hat sie dann digitalisiert und dabei kaum etwas geändert. Höchstens mal eine Form ein bisschen verrückter gemacht.

Nach den Vorlagen sind dann die Teppiche entstanden?

Ja, sie werden in Indien von Frauenhand gewebt, und man kann sie in den verschiedensten Größen bekommen. Es gibt auch Poster, gedruckt auf hervorragendem Papier, falls Leute die Kreation schön finden, aber nicht gleich 375 Euro und mehr für den Teppich ausgeben können oder wollen.

 

Kommt das Geld nur der Schule in Ghana zugute oder auch den Projekten, die sie  in Uganda, Burundi und Ruanda unterstützen?

Das Geld wird auf alle verteilt. Das wissen die Mädchen. Sie sind sehr selbstbewusst und stolz, dass ihre Entwürfe bald in Wohnungen überall auf der Welt liegen können.

 

Sie reisen regelmäßig selbst zu den Projekten. Wissen die Mädchen, dass Sie berühmt sind?

Ach Quatsch! Nein, die wissen nicht viel von der Modewelt, und die meisten haben auch nicht wirklich Zugang zu sozialen Netzwerken. Sie haben vielleicht ein bisschen Respekt, weil ich so lang bin, aber aufgeregt sind sie immer, egal wer kommt – mein Bruder, mein Team, meine Mama oder ich. Gerade meine Mama interessiert sie sehr, weil sie ihre eigenen Mütter sehr ehren und es spannend finden, zwei Generationen zu sehen. „Ah! Toni’s Mum“, rufen sie immer.

Wann haben Sie das erste Mal gemerkt, das Bildung ein Privileg ist?

Durch meine Reisen durch Afrika. Ich finde es beeindruckend, dass Mädchen dort alle nichts anderes wollen, als zur Schule zu gehen. Bei uns hängt es vielen ja phasenweise eher zum Hals heraus.

Sie wurden mit 14 entdeckt und haben schon als Schülerin sehr erfolgreich gemodelt, aber trotzdem noch Ihr Abitur gemacht. Das ist nicht unbedingt üblich in der Branche …

.… Ja, ich habe damals viel mit russischen und brasilianischen Models gearbeitet, die die Schule nicht abschließen konnten. Zum einen, weil sie zu weit weg von zu Hause waren, zum anderen, weil das auch nicht unterstützt wurde, die eigenen Familien rieten ihnen: „Mach den Job!“. Meinen Eltern dagegen waren die Jobs völlig egal. Die sagten: „Wer ist Calvin Klein? Du machst natürlich Dein Abi.“  Es gibt viele Behind-the-Scenes-Videos von Fashion Shows, in denen ich diese kleinen gelben Reclam-Hefte lese – Deutsch war einer meiner Leistungskurse. Und vor den Prüfungen habe ich drei Monate alles abgesagt, um mich vorzubereiten.

Hat das Modeln Ihren Blick auf die Schule geprägt?

Ich glaube, geprägt hat mich insgesamt die Erfahrung, schon früh zu arbeiten und gleichzeitig die Schule zu besuchen. Weil ich immer unterwegs war, immer busy, 60 Shows pro Monat machte, habe ich mich auf die Schulphasen umso mehr gefreut. Sie waren zwar akademisch anstrengender, aber ich bekam drei Mahlzeiten am Tag, hatte genug Schlaf und meine Mutter hat meine Wäsche gemacht. Ich habe schon gemerkt, es ist total easy, zu Hause zu leben, in die Schule zu dürfen und meine Freunde zu sehen. Diesen ganz normalen Schulalltag, den wollen die Mädchen in Afrika auch: Mit ihren Freundinnen Zeit verbringen, Cliquen gründen, zusammen lernen, an einem sicheren Ort und gut versorgt zu sein. Und sie arbeiten alle nebenbei.

Was machen sie?

Viele putzen jeden Morgen das ganze Haus, in der Regel kümmern sie sich um die kleineren Geschwister und, ganz wichtig, sie müssen Wasser holen, das allein kostet sie oft zwei Stunden Fußweg, danach geht es noch mal so lang zur Schule.

Sie haben schon einen Arbeitstag hinter sich, bevor sie ankommen.

Genau. Deshalb bauen wir nicht nur Schulen, sondern auch Boardinghäuser für sie. Aber auch da stehen sie täglich eine Stunde früher auf und machen ihre Räume sauber. Sie sind total fleißig.

Sie haben Ihre erste Patenschaft, ein Kind aus Vietnam, mit 16 Jahren übernommen. Stand dahinter schon der Wunsch, etwas zurückzugeben?

Dahinter stand meine Mutter. Wir hatten eine Broschüre von Plan International bei uns herumliegen, und sie fragte: „Du verdienst jetzt auch schon Geld, möchtest Du nicht ein Patenkind aufnehmen?“ Ich sagte, „Ja, cool, mache ich“. Da wurde gar nicht lange drüber gesprochen. Das Patenkind habe ich immer noch, mittlerweile sind drei weitere hinzugekommen.

Wie wurde daraus eine Stiftung?

Ich habe öfter Projekte unterstützt und auch viele kennengelernt, für die ich gern direkt gespendet hätte, was aber bei großen Hilfsorganisationen wegen des bürokratischen Apparats schwierig sein kann. Deshalb habe ich meine eigene Stiftung gegründet, die bewusst klein ist. So geht bei uns alles ein wenig einfacher und schneller.

Die Teppiche der Toni Garrn Foundation und Little Proba gibt es unter: https://probahome.com/tgf-x-little-proba 

Toni Garrn Foundation: https://tonigarrnfoundation.org  

Text
Gabriele Thiels