Popmusik in der hübschen, koreanischen Sprache, von noch hübscheren jungen Frauen und Männern in coolen Outfits und in perfekt einstudierter Choreografie tanzend, singend und plaudernd präsentiert – das ist in etwa K-Pop. Ein globales kulturelles Phänomen, das nicht nur die gut organisierten Fans verzückt. Stellvertretend baten wir MONSTA X, die an diesem Wochenende in Frankfurt auftreten, zum Fototermin in Seoul. Fünf Endzwanziger, die eine harte Castingschule durchlaufen haben und seit vielen Jahren den „Idol“Olymp besiedeln. Echte Musiker, klüger und reflektierter als das Genre-Klischee glauben macht und der kontrollierte Auftritt zulässt. Gute Typen.
I.M, 26 Jahre,
der Weltläufige
Die Managerin möchte gern, dass I.M nur Koreanisch spricht, damit sie alles versteht, aber manchmal antwortet er dann doch direkt auf Englisch, das er fließend spricht. Schon als Kind hat er mit dem älteren Bruder und den Eltern viel im Ausland gelebt. Er ist der „Rapper“, aber wie in Boygroups üblich, darauf nicht festgelegt. Im Februar 2021 kam sein erstes Solo-Album „Duality“ heraus. Er ist Profi. Locker, aber auch zurückhaltend, gilt generell nicht als redselig, sondiert und hört genau zu, bevor er antwortet und auch selbst fragt – und lächelt.
„Es war nicht immer schon mein Traum, Sänger zu werden. Ich bin in Südkorea geboren, aber mein Vater ist Wissenschaftler und deswegen haben wir viel im Ausland gelebt, vier Jahre in Israel, drei Jahre in Boston. Das hat mich geprägt. Ich reise viel, konnte Freunde in der ganzen Welt finden und habe so auch gelernt, keine Vorurteile gegenüber anderen zu haben. Ich urteile nicht nach dem Äußeren. Als Teenager hörte ich viel Musik und stellte mir irgendwann einen eigenen Song, eine eigene Bühne vor. Ich kann zwar singen, bin musikalisch, aber es war trotzdem nicht so einfach. Doch ich glaube, dass es ein großer Segen ist, wenn man weiß, dass man etwas Bestimmtes machen will. Deshalb wollte ich meinen Traum weiterverfolgen. Es gibt im Englischen diesen Satz: Do what you love, love what you do. Wenn ich auf die Bühne gehe, konzentriere ich mich normalerweise zuerst auf mich selbst.
Und sehe dann das Publikum an, denn eine gute Performance kommt von einer starken Kommunikation mit dem Publikum. Ein Entertainer ist jemand, der sich um viele Aspekte kümmert. Ich sehe mich nicht in einer bestimmten Position in der Gruppe, natürlich bin ich ein Sänger, aber ich möchte mich nicht festlegen und dadurch einschränken, indem ich sage: „Oh, ich bin nur Sänger oder nur Rapper.“ Ich möchte kein endgültiges Ziel haben. Ich weiß, was ich gut kann, was ich mag und was ich nicht gut kann und möchte mich dessen vergewissern. Deswegen schaue ich nur nach vorn und gehe einen Schritt nach dem anderen. Von daher ist ein glücklicher Tag immer unterschiedlich. Der Tag, an dem die Aufführung gut gelaufen ist, kann so ein Tag sein, und der Tag, an dem wir den ganzen Tag nur chillen, essen und schlafen, kann es auch sein. Die kleinsten Dinge können einen glücklichen Tag ausmachen.
Ich bin froh, auf Tournee zu gehen. Ich glaube, dass Musiker nur existieren, wenn sie ein Publikum haben. ObwohlCovid auch uns eine harte Zeit beschert hat, habe ich immer nach einem Weg gesucht, mit unseren Fans irgendwie zu kommunizieren. Ich freue mich schon darauf, unsere „Monbebes“ wiederzutreffen. Es heißt, die Fankultur in Deutschland ist anders. Aber ich denke, die Liebe für uns ist die gleiche, egal wo wir hingehen. Man kann sagen, dass die Kultur von Land zu Land unterschiedlich ist, aber Monbebes sind für uns alle gleich.“
Kihyun, 28,
der Solist
Offiziell gibt es keine Hierarchien und Positionen innerhalb der Gruppe, auch das macht die Performancekraft einer Boygroup aus. Aber dass Kihyun, der Kleinste, die beeindruckendste Stimme hat, darf man als Außenstehende wohl sagen. Vom renommierten DIMA (Dong-Ah Institute of Media and Arts) in Anseong wird er in der Liste der herausragenden Alumni geführt, er spielt Klavier und Gitarre, komponiert, und in so manchem erfolgreichen K-Drama (unter anderem „She Was Pretty“, „What’s Wrong with Secretary Kim“) singt er den Titeltrack. Im März hat er mit „Voyager“ sein erstes Solo-Album herausgebracht. In der Begegnung wirkt er im ersten Moment spröde oder vielleicht nur vorsichtig, taut jedoch schnell auf, ist charmant und zugewandt. Man kann sich gut vorstellen, dass er tatsächlich gern seine Fans bei den Händen hält.
„Der erste Preis beim Musikfestival damals in der Schule in Goyang hat mich geprägt. Ich vergesse nie den Moment, als ich von der Bühne aus das erste Mal ins Publikum sah. Ich dachte, ich hätte mich an dieses Gefühl gewöhnt, nach all den Jahren auf der Bühne. Aber als wir nach der CovidPause in den USA auf die Bühne zurückkehrten, spürte ich diese Intensität und Lebendigkeit, das große Glück wieder, das ich beim ersten Mal erlebt hatte. Was das Publikum angeht, sehe ich nicht wirklich einen Unterschied zwischen den verschiedenen Ländern. Abgesehen von der Art und Weise des Jubelns.
Unsere Songs haben einen Teil, bei dem die Fans alle zusammen mitsingen. In Deutschland hatte ich das Gefühl, dass die Fans ein einziges Wort so kraftvoll rufen, dass daraus eine große Energie entsteht. Das fand ich toll. Da wir nur eine begrenzte Chance haben, unsere Fans, die Monbebes, in Deutschland zu treffen, versuchen wir bei einem Konzert, so viel wie möglich mit ihnen zu reden, ihnen eine gute Erinnerung und das Beste von uns mitzugeben. Das ist das Mindeste, was wir tun können, damit sie fühlen: ‚Das ist der Grund, warum ich sie liebe.‘ Auch für mich sind es unvergessliche Momente, wenn ich am Ende eines Auftritts von der Bühne das Publikum anschaue. Das ist ein großes Privileg. Das ist ein Gefühl, das man sich nicht vorstellen kann, wenn man es nicht erlebt hat. Das möchte ich gern festhalten, denn auf der Bühne zu stehen ist nichts, was ich ewig tun kann. Meine Interessengebiete weiten sich, aber vor allem möchte ich als Musiker arbeiten. Wenn wir als Team auftreten, sind Einigkeit und das Zeigen der gemeinsamen Farbe unsere Prioritäten. Ansonsten komponiere ich gern Sound und Lyrics, habe schon einige Songs gecovert, und Rock ist etwas, das ich sehr mag. Ich höre auch gern Jazz. Ich persönlich halte Jazz für meinen schwächsten Punkt als Künstler, aber es ist eine Aufgabe, die ich meistern will. Je länger ich als Sänger arbeite, der sich dem Publikum ja nicht nur auf der Bühne präsentiert, desto mehr interessiere ich mich für Mode. Wenn ich zurückblicke, hatte ich am Anfang nie genug Zeit und Geld, um mir neue Kleidung zu kaufen. Jetzt kann ich es. Und ich liebe es. Zurzeit kaufe ich sehr viele Schuhe. Mein Schuhschrank ist so vollgestopft, dass ich gar nicht mehr herankomme. Dabei bin ich sehr ordentlich.“
Minhyuk, 28,
der Liebevolle
Minhyuk ist das „Gesicht“, auch der Sprecher der Gruppe, und mit seinem heiteren Wesen der Stimmungsaufheller. Als Starship Entertainment 2015 die neue Boygroup MONSTA X zusammenstellte, kam er in der aus gutem Grund „No.Mercy“ genannten TV-Castingshow für Beobachter zunächst überraschend ins Finale und wurde als letztes Mitglied ausgewählt. Was sich aber nur auf die zeitliche Reihenfolge bezieht, nicht die Stellung. Er singt, schreibt, malt, tritt in diversen Webshows auf. Prinz Charming. „Schöne Ringe“, sagt er als Erstes, als wir an einem Tisch in der Ecke des Studios zum Interview Platz nehmen und ich die Starttaste drücke.
„Als Junge war das Singen etwas, das mein Herz klopfen ließ und mich schließlich dazu brachte, Sänger zu werden. Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich singe, weil ich es genieße, von meinen Fans, meinen Freunden und meiner Familie geliebt zu werden. Und klar bin ich stolz auf unseren Erfolg. Auf der Bühne werde ich nicht mehr nervös, fühle mich lebendig, jeder Moment ist anders. Wie jedes andere Musikgenre Hip-Hop, Rock, Jazz auch, hat K-Pop schon lange Zeit gute Musik gemacht. Aber jetzt ist die Zeit der weltweiten Anerkennung gekommen. Dafür bin ich dankbar. Und die Beziehung zu unseren Fans ist sehr speziell und einzigartig. Das ist ein Hauptgrund, warum K-Pop so erfolgreich sein kann. Wenn man Fan eines bestimmten Künstlers wird, spürt man zugleich die Distanz zwischen sich und dem Künstler, man will die gleiche Musik machen wie er, dem Lebensstil folgen. Ich glaube, der K-Pop bemüht sich am meisten, die Kluft zwischen den Künstlern und den Fans zu verringern.
Meine größte Sorge bei allen K-Pop-Künstlern ist daher, dass sie depressiv werden. Wir sind auf der Bühne überwältigt von der Liebe unserer Fans und fühlen bald diese Leere, wenn wir nach Hause kommen. Ich schätze, das passiert allen Künstlern, aber ich denke, dieser Kontrast ist bei K-Pop-Künstlern noch stärker, weil die Distanz zwischen unseren Fans geringer ist. Ich habe in jedem Fall einen Plan im Kopf, was ich noch machen möchte. Ich liebe es zu malen und zu zeichnen, wenn ich also eines Tages die Chance bekomme, würde ich gern meine visuelle und meine musikalische Kreativität einbringen und an den Album-Artworks für unsere Mitglieder mitarbeiten. Ich würde gern eines Tages eine Ausstellung mit meinen eigenen Kunstwerken eröffnen. Und ich würde gerne eine Auktion mit meinen Arbeiten veranstalten und den gesamten Gewinn spenden. Auch wenn das nicht direkt mit K-Pop zu tun hat, glaube ich, dass ich die Welt durch K-Pop auf positive Weise verändern kann.“
hyungwon, 28,
der stille
Das muss Mann erst mal können: Im weißen Ensemble mit bodenlangem Faltenrock von Louis Vuitton eine solche Grandezza auszustrahlen. Hyungwon tut das. Vielleicht liegt es daran, dass er so gar kein Poser ist. „Ich mag Mode. Und der Rock ist so – flauschig.“ Er ist der Ruhige in der Gruppe, der Langschläfer, nachdenklich, klug, ausgleichend. Er spricht auch Chinesisch, ist viel gereist, die Eltern haben ein Reisebüro, als Teenager hat er mal einige Monate in Wiesbaden gelebt. 2021 hat er im Highschool-Romantikdrama „Fly Again“ die Hauptrolle gespielt, einen Studenten, der davon träumt, ein Star zu werden, und beschließt, sich vom genialen Tänzer zum vielseitig talentierten Idol zu entwickeln. Mit allen dazugehörigen Widrigkeiten und Erkenntnissen. Auch wenn Hyungwons eigene Geschichte eine ganz andere ist, hat er allein fünf Jahre lang vor seinem Debüt mit MONSTA X eine vielseitige Tanzausbildung in seiner Heimatstadt Gwangju absolviert, mit 19 Jahren ist er dann nach Seoul gezogen. Auf eine Fan-Frage hat er mal über seinem Frauentyp gesagt: „Eine, die weise und gütig ist.“ Ein Zwilling quasi.
„Anfangs war ich einfach begeistert von der Vorstellung, auf der Bühne zu stehen, die älteren Mitschüler waren meine Vorbilder, denen ich eines Tages nacheifern wollte. Als ich dann debütierte, war ich glücklich und überrascht, aber gleichzeitig auch müde und erschöpft. Aber mit der Zeit habe ich die Liebe der Fans gespürt, und das ist jetzt sehr wichtig in meinem Leben. Ich bin stolz auf meine Monbebes, und ich bin stolz auf mich selbst. Wenn ich an unseren Songs arbeite und sie aufnehme, ist das ein ziemlich herausfordernder Prozess. Die Zeit ist lang, und es geht nur um Wiederholungen. Aber ich kann diese Zeiten immer aushalten, weil ich weiß, wie aufregend es sein wird, wenn ich mit diesen Songs auf die Bühne gehe. Wir sind auch schon so lange als Team zusammen, was dazu geführt hat, dass wir eine starke Bindung haben, die über die Musik hinausgeht. Und das macht uns wiederum musikalisch leistungsstärker. Selbst wenn wir individuell arbeiten, sind die Ersten, die uns Feedback geben, unsere Mitglieder. Ich denke, dass wir uns deshalb auch immer gegenseitig beeinflussen. Wobei die anderen Mitglieder stark und kraftvoll sind, ich bin der ruhige und langsame Typ. Das ergänzt sich gut. Natürlich beherrsche ich auch Rock und Jazz und Hip-Hop, aber ich mag Pop sehr, die friedliche Stimmung. Meine Pläne? Erst mal glücklich sein. Und gesund bleiben. Das sind doch die wichtigsten Dinge im Leben.“
joohoney, 27,
der gläubige
Für ein Shooting mit „Idols“ kann man jederzeit Schmuck einplanen. Zu ihrer Bühnen-Performance gehört schließlich auch perfektes Styling. Joohoney trägt aus ganz persönlichen Gründen gern Preziosen, denn seine Mutter ist Juwelierin: „Die Diamant-Ohrringe, die ich gerade trage, wurden von ihr entworfen. Ich habe auch eine Kreuz-Halskette von ihr. Das sind meine kostbaren Schätze von meiner Mutter, und ich selbst bin als Sohn ein Schatz für sie“, sagt er und lacht verschmitzt. Überhaupt ist Joohoney, der Vielseitige, ein zauberhafter Mann. Er hatte einst Depressionen, seitdem er sie überwunden hat, möchte er als dankbarer Musiker, der positive Energie in der Welt verbreiten will, wahrgenommen werden.
„Ich habe schon als kleiner Junge in der Kirche gesungen. Und der Grund, warum ich Musik mache, ist, dass ich den Menschen eine positive Botschaft vermitteln möchte. Michael Jackson ist darin mein Vorbild, er hat einmal gesagt, dass „Musik immer aus dem Herzen kommen sollte“. In meiner Musik verarbeite ich mein Leben, und ich möchte meinen Fans sagen, dass ich durch meine Musik immer bei ihnen sein werde. Sie inspirieren mich, ich versuche mit meiner Musik träumerische Emotionen zu teilen. Aber jeder Moment kann Musik sein. Wenn die Einstellung zum heutigen Outfit gut war, kann man auch das musikalisch beschreiben. Ich liebe definitiv Mode und bin ein großer Sammler. Wenn ich die Bühne betrete, werde ich zum Krieger. Ich möchte das Negative in dieser Welt bekämpfen, einschließlich Eifersucht, Misstrauen und anderer negativer Botschaften.
Um das zu erreichen, muss ich meine Stimme erheben. Wenn ich Spaß habe, ist das der erste Schritt zu einer positiven Botschaft an meine Fans. Deshalb möchte ich meinen Job als Idol nicht einschränken. Ich möchte zeigen, wie glücklich ich bin, sowohl durch mein tägliches Leben als auch durch die Musik, die ich mache. Ich bringe Leben in unsere Musik. Das ist meine Rolle. Früher habe ich viel Druck verspürt und wurde depressiv, aber sobald ich diese Zeiten überwunden hatte, änderte sich meine Denkweise. Ich werde diesen Druck nie mehr spüren. Jetzt bin ich in der Lage, den Moment voll zu genießen. Ich bin glücklich, möchte es immer sein und sagen, dass ich es bin. Deswegen mache ich meine Musik.“