Chanel, Dior oder Vivienne Westwood: Noch nie erfuhr die Inszenierung der Braut so viel Liebe zum Detail wie in diesem Jahr. Ob Dekadenz, das Lebensgefühl der „Roaring Twenties“ oder minimalistisch modern ohne Chi-Chi – Bräuten sind in dieser Saison keine Grenzen gesetzt.
Traue sich, wer kann
2022 kann wieder alles besser werden. In den vergangenen zwei Jahren wurden die meisten Zeremonien und Empfänge verschoben, verkleinert oder abgesagt. Aber die Prognose für dieses Jahr wird nicht nur modisch oft mit den „Roaring Twenties“ verglichen, der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, in der es gesellschaftlich einen Aufschwung gab und einige der legendärsten Parties gefeiert wurden. Auch bei den Hochzeiten stellt man sich die Fragen, ob man der Sehnsucht nach Glamour und Dekadenz, die man in den vergangenen Monaten weitgehend vermisst hat, nachgeben können wird? Oder müssen Paare weiterhin auf intime, zurückhaltende Feiern setzen?
Als ob Designer in dieser unsteten Zeit Zuversicht verströmen möchten, scheint die Inszenierung der Braut einen nie dagewesenen Stellenwert einzunehmen. Romantischer, moderner, raffinierter – die Vielfalt an Brautkleidern fernab von Stereotypen und gewohnten Entwürfen ist außergewöhnlich.
Credit: Andreas Kronthaler for Vivienne Westwood
Vivienne Westwood
„Wir haben uns bei dieser Kollektion dem Gefühl des Neubeginns gewidmet“ heißt es in der Pressemitteilung zur neu lancierten Brautkollektion von Vivienne Westwood. Die Designs von Andreas Kronthaler für Vivienne Westwood umfassen ein von Marilyn Monroe inspiriertes Kleid mit einem auffälligen Rüschenausschnitt und einer Federschleppe sowie ein opulentes Kleid aus Tüll und Spitze, das an die Hofkleider von Marie Antoinette aus dem 18. Jahrhundert erinnert. Die Entwürfe erinnern an eine Zeit, in der Prunk und Dekadenz an der Tagesordnung standen. Auch legendäre Hosenanzüge, wie die von Marlene Dietrich oder der, in dem Bianca Jagger heiratete, werden neuinterpretiert.
Credit: Getty Images/Dior
Dior
Vivienne Westwood wirft einen Blick in die Vergangenheit, andere Marken blicken nach vorn. Die liebevoll zusammengestellten Farbpaletten in Elfenbein, Silbergrau und Nude, die den Großteil der Show ausmachten, in Kombination mit den raffinierten Abendkleidern, waren zwar von Maria Grazia Chiuri nicht primär als Brautkleider gedacht, aber eine Anlehnung an die Eleganz einer Braut ist unverkennbar. Dadurch ebnet Chiuri nonchalant den Weg fern vom aufgetufften Klischee zu einer minimalistischen, zurückhaltenden Braut. Denn anders als bei vielen Haute Couture-Schauen dieser Saison ging es der Dior-Kreativdirektorin nicht um üppige Schnitte und Volumen, sondern um elegante Gelassenheit und diese für Chiuri typische ruhige, aber unbeirrbare Zuversicht. Eigenschaften, die nicht nur dem modernen Brautkleid, sondern auch der modernen Braut nicht fehlen sollten.
Credit: Chanel/Getty Images
Chanel
Die erwähnten „Roaring Twenties“ zeigen sich in erster Linie bei Chanel. Das Modehaus führt auch unter Virginie Viard die Tradition fort, die Haute Couture-Show mit einem Brautkleid zu beenden, in dieser Saison mit einer Kreation, die in ihrer Schlichtheit an die Mode der 1920er-Jahre erinnerte. Ein schlichtes Satin-Tüll-Slip-Dress, das bis zu den Knöcheln reichte, zusammen mit einem Blumenkranz und Schuhen mit der edengleichen Vintage-Anmutung der mittlerweile hundert Jahre zurückreichenden Dekade. Aber auch hier diente nicht nur die finale Braut allein als Inspiration.
Credit: Elie Saab/Getty Images
Elie Saab
Drama Baby, Drama! Wer als Braut nicht auf die Möglichkeit verzichten möchte, sich einmal wie eine opulente Märchenprinzessin zu fühlen, sollte sich Inspiration bei Elie Saab holen. Mit mehr als einem Brautlook in der aktuellen Haute Couture-Show ist die Kollektion für Frauen gemacht, die sich an ihrem Hochzeitstag ein „Look at me“-Erlebnis wünschen. Mit Sicherheit zu viel Extravaganz für eine Hochzeit auf dem Lande… Obwohl, vielleicht gerade für diese Umgebung eine gekonnte Überraschung?
Credit: Alexandre Vauthier/Getty Images
Alexandre Vauthier
So edel und sophisticated, wie eine Braut nur sein kann. Bei Alexandre Vauthier stellt sich im Anschluss an die Hochzeit nicht die Frage, ob das Outfit im Schrank verstauben muss. Um die ausgeschnittenen Kleider mit gerafftem Rocken oder die eleganten dreiteiligen Anzüge wäre es schlichtweg zu schade, um sie nicht bei der nächsten Gelegenheit wieder auszuführen.
Credit: Valentino/Getty Images
Valentino
Kühn und elegant war das Motto der neuesten Show von Pierpaolo Piccioli von Valentino. Die Offenheit für alle Größen und Körperformen war nicht nur sehr zeitgeistig, sondern zeigte auch, dass Glamour für jeden Frau und Mann passend ist und am besten mit Selbstbewusstsein getragen wird. Sein finales Brautkleid zeigte in der Handwerkskunst den Glamour der alten Schule, aber wer hat eigentlich behauptet, dass Bräute nur Weiß tragen dürfen?