Mr ICON Gorden Wagener

Street Style 4.0

Gorden Wagener ist ein Zeitreisender. Der Captain Future der Lifestyle-Industrie. Seit 2008 ist er der kreative Kopf hinter jedem neuen Mercedes, AMG und Maybach. Kürzlich zeigte er uns die neue S-Klasse. Die hat mehr Gehirn als Motor.

Eigentlich ist er ein Zeitreisender. Der Captain Future der Lifestyle-Industrie. Gorden Wagener selbst beschreibt seine Mission so: „Design ist für Luxus-Brands so wichtig, weil wir ja ständig in der Zukunft leben und das Begehren von Morgen definieren.“ Wagener ist Chief Design Officer der Daimler Group. Seit 2008 der kreative Kopf hinter jedem neuen Mercedes, AMG und Maybach. Er hätte auch Profisurfer werden können. Einer, der Deutscher Vize-Meister im Wakeboarden wird, Surfbretter airbrusht, Springreiter ist und sich mit E-Mountainbikes auspowert. Ein volles Leben ohne Rückwärtsgang.

Während Modedesigner wie Virgil Abloh, mit dem er gerade eine G-Klasse zum Kunstobjekt transformierte, an die nächste Kollektion denken, kreiert er in seinen Studios in Sindelfingen, Nizza, Peking und Kalifornien Autos, die 2025 oder später auf unsere Straßen kommen. Streetstyle 4.0. Die Philosophie, die den gebürtigen Essener antreibt, nennt er „Sensual Purity“, sinnliche Klarheit – um Jahre vorausgedacht.

 

Vor dem Mercedes-Benz Museum in Stuttgart. Gorden Wagener trägt einen Mantel von Yohji Yamamoto. Pullover und Hose: Emporio Armani. Schuhe: Louis Vuitton

 „Das Auto wird zum Supercomputer, zum rollenden Apartment, zum Butler, zum Freund oder Tamagotchi. Das ist der Unterschied zwischen Massenmobilität und Luxury-Transportation.“

In Stuttgart zeigt er uns sein neuestes Werk: die S-Klasse. Alle sieben Jahre lässt Daimler sein ikonisches Flaggschiff komplett überarbeiten. Auch jetzt inmitten der Pandemie. „Schönheit geht immer“, sagt Wagener: „Jede S-Klasse ist ein Kind seiner Dekade. Die neue S-Klasse steht für die digitale Transformation. Wir haben das ganze Auto um die digitalen Medien herum gebaut.“

Es hat mehr Gehirn als Motor: Fünf Screens, 31 Lautsprecher und ein 3-D-Fahrer-Display, das erstmals räumliche Wahrnehmung durch „Eye-Tracking“ ermöglicht. Einen Interieur-Assistenten, der Kopfrichtung und Körpersprache interpretiert. Ein Wink und das Schiebedach öffnet sich. Ein Body-Control-Fahrwerk, das im Falle eines seitlichen Aufpralls das Auto anhebt. Ein Digital-Light-System, das mit 2,6 Millionen Mikrospiegeln Hilfslinien auf die Straße projiziert. „Super Hightech. Damit könnte man auch einen Kinofilm ans Garagentor werfen.“

 

In der neuen S-Klasse mit beheizbarem, „ultrasoft“ Kissen an der Kopfstütze: Gorden Wagener im Pullover von Emporio Armani
Im Gang vom Museum. Jacken, Pullover und Hose: Hermès. Gürtel: Burberry

Wenn der 52-Jährige von der neuen S-Klasse spricht, klingt das so: „Super sleek, powerful, progressiv und sexy.“ Roger Federer schickte eine WhatsApp, wie sehr er das Auto liebt.

Dass es um die spitzen Heckleuchten Diskussionen gibt, freut den Designchef: „Es muss nicht jeder gleich alles verstehen. Wir machen Longlife-Design“, sagt er in seinem Denglish. „Manchmal ist es sogar gut, wenn es eine Weile dauert, bis man sagt: Now I got it. Dann liebt man es umso mehr.“ EX-Faktor heißt das bei ihm. Extraordinary, außergewöhnlich – das zu machen, was überrascht.

Seine Vision von Mobilität? „Das Auto wird zum Supercomputer, zum rollenden Apartment, zum Butler, zum Freund oder Tamagotchi. Das ist der Unterschied zwischen Massenmobilität und Luxury-Transportation. Autos werden wirklich intelligent. Und Design macht die Technologie erlebbar, sonst wären es ja nur Bits und Bytes.“ Was ist mit Carsharing? „Nicht mehr so heiß wie vor Corona.“ Und Luxus der Zukunft? „Rarität.“

Der Mantel ist von Prada
Text
Tom Junkersdorf
Fotos
Simon Lohmeyer
Styling
Alexander Gabriel