Schon Tage im Voraus wurde spekuliert, wer zum erlauchten Kreis der Gäste gehören wird. Immer wieder war zu hören, dass Menschen fast flehentlich um Einlass baten. Es ist ihnen nicht zu verdenken: Wenn Saint Laurents Kreativdirektor Anthony Vaccarello seine Herrenkollektion für den nächsten Sommer in der Neuen Nationalgalerie in Berlin zeigt, will man dabei sein.
Nicht nur, weil Schauen großer Modehäuser in der deutschen Hauptstadt eine Seltenheit sind. Saint Laurent ist aktuell stark wie nie. Der Jahresumsatz stieg zuletzt auf 3,3 Milliarden Euro. Im Luxuskonzern Kering ist es die am schnellsten wachsende Marke. Es liegt daran, dass Anthony Vaccarellos Entwürfe ziemlich gut in die Zeit nach der Pandemie passen: körperbetont, scharf und teils architektonisch geschnitten, meist schwarz und Geschlechtergrenzen bis ins letzte Detail ignorierend. Die elegant-verruchte Gegenbewegung zur Loungewear, sozusagen.
Bereits vor der Show ist sie auf dem Plateau der Neuen Nationalgalerie zu sehen. Dutzende Hausfreunde von Saint Laurent posieren in Vaccarello-Entwürfen vor einem goldenen YSL-Logo im XL-Format. Anja Rubik, das Topmodel und die Freundin und Muse des Kreativdirektors. Charlotte Gainsbourg. Nirgendwo ist das Geschrei der Zaungäste lauter als bei Manu Rios, dem aktuell schwer gehypten Schauspiel-Darling aus Spanien. Drinnen sitzen sie alle stilecht auf Barcelona-Bänken von Mies van der Rohe, dem Architekten der Neuen Nationalgalerie, und blicken durch die große Fensterfront in den Sonnenuntergangshimmel.