Er sollte recht behalten: Paula Modersohn-Becker wurde eine Heilige der deutschen Kunstgeschichte. Besagtes Gemälde gilt heute als der erste weibliche Selbstakt der Kunstgeschichte. 750 Gemälde hat sie in ihrem kurzen Leben geschaffen, viele Kinderbilder darunter. Nur eine einzige Ausstellung ihrer Werke durfte sie selbst erleben. Die, in der Bremer Kunsthalle 1899, wurde von einem Kritiker im Pöbeltonfall runtergemacht. Von „unqualifizierten Leistungen“ und „sogenannten Studien“ ist da die Rede. Die junge Paula Becker, damals noch ohne Modersohn, holte ihre Arbeiten umgehend aus der Kunsthalle wieder ab.
Mit ihrem späteren Mann verband sie eine seltsame Allianz. Zuerst, als er noch mit einer anderen verheiratet war, lud sie ihn, den zehn Jahre älteren, nach Paris ein, wo sie in stillem, oft schweigendem Einverständnis zusammen waren. Später, er war nun verwitwet und mit ihr verlobt, schwärmt sie von seiner Liebe, doch die Verheißungen der Verlobungszeit erfüllten sich nicht. Auch nach fünf Jahren Ehe war sie noch Jungfrau, das Paar kam einfach nicht zueinander. Unterdessen malte sie monumentale, nackte Mütter mit Kindern, die Motive waren sehr irdisch und eine Ungeheuerlichkeit für die damalige Zeit. Dann reiste sie wieder einmal ab, nach Paris. Ihrem Mann schrieb sie: „Ich mag dich nicht zum Manne haben“ und eine Woche später: „Komme bald her, dass wir uns versuchen wiederzufinden.“ Unterdessen traf sie den Soziologen Werner Sombart, einen notorischen Frauenhelden. Danach, unter vielem hin und her, versöhnte sie sich in Paris mit Otto Modersohn, später gingen sie zusammen zurück nach Worpswede, wo sie 1907 ihre Tochter zur Welt brachte. Wenige Tage nach der Geburt verstarb Paula Modersohn-Becker an einer Embolie. Die Eröffnung ihrer ersten großen Ausstellung, wenige Wochen später in der Bremer Kunsthalle, konnte sie nicht mehr miterleben. Die Schau war eine Entdeckung für die Kunstwelt und sogar für diejenigen, die ihr nahegestanden hatten. Otto Modersohn und sein Künstlerfreund Heinrich Vogeler entdeckten in ihrem Atelier viele Bilder, die sie nie jemandem gezeigt hatte. Wenige Wochen später, im Frühjahr 1908, hingen ihre Werke beim Berliner Kunsthändler Paul Cassirer neben denen von van Gogh, Renoir und Manet, und Deutschland entdeckte, langsam, eine seiner größten Künstlerinnen.