Honig, Propolis und Gelée Royale gelten seit jeher als heilende Kostbarkeiten. Auch in der Kosmetik. Beim Kauf heilen die Kundinnen heute quasi die Umwelt zurück.
Plan B(ee)
Die Europäische Honigbiene ist nicht nur Pollen-, sondern auch Hoffnungsträgerin. Apis mellifera, so ihr Fachname, steht für alles, was die Zuversicht nährt: biologische Vielfalt, Artenschutz, nachhaltige Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit. Auch die Kosmetikbranche beflügelt sie.
400.000 Bienen haben zum Beispiel bei Babor eine Heimat gefunden. Sie bestäuben die Elsbeeren, die in einem geschützten Teil des Waldes in der Eifel wachsen, und sind Rohstofflieferant für die Spa-Linie. Namhafte traditionelle Hersteller wie Burt’s Bees, gegründet von Imker Burt Shavitz im US-Staat Maine, füllen seit 1984 Bienenwachs und Honig in winzige Döschen. Lancôme verdankt Gelée Royale die Existenz ihrer ersten Gesichtspflege: die Creme Nutrix, Premiere 1936. Und das Luxushaus Guerlain feiert die Biene gar seit 1853. Damals landete sie zum ersten Mal auf dem Flakon von „Eau de Cologne Imperiale“. Schließlich bekam sie 2010 sogar eine eigene Linie: „Abeille Royale“ – ausgestattet mit den reparierenden Eigenschaften des Honigs der schwarzen Biene von der Insel Ouessant, einem Unesco-geschützten Biosphärenreservat vor der bretonischen Küste.
Annette Wanner, Gründerin und Inhaberin von Just Bee Nice, ist der Neuzugang unter den Bienenverehrern:
„Das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit ist durch Guerlain gewachsen, das ebnete auch mir den Weg.“ Ihre neue „Naturkosmetik mit Vitamin Bee“ nennt die Wirtschaftswissenschaftlerin ihre „Herzensangelegenheit“. Nach drei Jahren Entwicklung stieß sie 2020 auf eine kleine Imkerei in Baden-Württemberg, die bewährte Apothekerrezepturen zeitgemäß und naturschutzkonform umsetzen konnte. Im Januar hob ihre Anti-Aging-Naturkosmetikserie zum Jungfernflug ab. „Ein Pflegesystem aus sechs Produkten, alle effizient in der Wirkung“, so die Gründerin. Sie ist angenehm in Textur und Duft, ästhetisch reduziert im Design.
Natur als wahrer Luxus.
Los geht’s mit „The Tonic“ für die Gesichtsreinigung. Der Wirkstoff dabei ist Propolis, das Bienen nutzen, um ihren Stock zu reinigen, zu pflegen und abzudichten. Propolis wirkt auch antientzündlich und hat sich unter anderem bei allergischen Hautreaktionen oder der kosmetischen Begleiterscheinung der Pandemie, „Maskne“, bewährt: „Ich weiß gar nicht mehr, wie die Menschen es ohne Propolis aushalten“, sagt Wanner und fügt lächelnd an: „… wie ich es aushalten konnte.“ „The Serum“ setzt auf das hochwirksame Gift der Bienen, das „natürliche Botox“. Sehr feinstofflich, gelangt es tief in die Hautschicht, nimmt alle anderen Wirkstoffe wie beispielsweise Wildhonigextrakte mit und glättet die Haut sichtbar. Seit der Antike wird das Gift in der Apitherapie angewendet, ein Naturheilverfahren, bei dem sich alles um Bienenprodukte dreht und die von Rheuma bis Wundheilung zum Einsatz kommt.
Auch die Bienen profitieren von Marken wie Just Bee Nice: Für die tier- und naturschutzkonforme Kosmetiklinie werden als Landebahn im Stock Glasplatten installiert, die leicht wackeln. Eine leichte Erschütterung, die für die Tiere „Gefahr im Verzug“ signalisiert, sodass sie ein bisschen Gift ablassen.
„Nur in bestimmten Phasen, nur an ein paar bestimmten Tagen wird das Gift abgenommen, deswegen ist es auch so wertvoll. Teurer als Gold“, erklärt Wanner.
Die Biene verliert nicht den Stachel und damit auch nicht ihr Leben. Trotzdem: Bei allem Buzz um die Kostbarkeiten, für Veganer ist Bienenkosmetik nicht geeignet, „das muss man ehrlich kommunizieren“, so die Unternehmerin. Sie jedoch sieht es als Win-win-Situation: „Wir lieben die Bienen und tun alles, damit es ihnen gut geht. Sie schenken uns Superwirkstoffe für junge und gesunde Haut.“
Zur Biene kam sie über ihren Mann, der seit Jahren Hobbyimker ist. Im Garten ihres Hauses am Ostufer des Starnberger Sees schaut sie seitdem am liebsten „Bee TV“, beobachtet die Völker beim Tanzen und lauscht, wie sie miteinander sprechen: „Wenn die Lindenbäume anfangen zu blühen und darin Hunderttausende Bienen ihr Konzert geben, das macht mich glücklich.“
Um die klassische Honigbiene, eine von 20.000 Bienenarten, müsse man sich inzwischen weniger sorgen, so die Expertin. „Wir erweitern ihren Lebensraum, Imkern ist ungeheuer angesagt. Umso mehr sollten wir die Wildbienen schützen.“ Die sind nämlich akut vom Aussterben bedroht. Mit jedem Kauf bei Just Bee Nice unterstützt man deshalb Blühpatenschaften und die Renaturierung von Streuobstwiesen. Auch Guerlain ist derweil startklar: Vom 20. bis 22. Mai sollen 20 Prozent des weltweiten Umsatzes für den Erhalt der „Wächterin der Umwelt“ gespendet werden. Umweltschutzorganisationen beziffern den Gegenwert der jährlichen Bestäubungsleistung weltweit übrigens auf rund 265 Milliarden Dollar.
Bienenschutz bedeutet also schlicht Schwarmintelligenz: die unsrige.