Die „Monolithic“-Hemmung von Frederique Constant ist technisch revolutionär. Und optisch reizvoll noch dazu.
Blick in die Zukunft
Frederique Constants „Slimline Monolithic Manufacture“ kommt auf den ersten Blick ganz konservativ daher. Durch die haustypische Öffnung im Zifferblatt aber ist eine sensationelle Innovation zu bestaunen: ein irrwitzig schnell schwingender Oszillator aus Silizium.
Wenn man sich, wie die mechanische Uhrmacherei, über große Traditionen definiert und verkauft, wird an denen natürlich nicht zu fest gerüttelt. Beim Uhrenbau ist das die Bauweise des zentralen Elements, der Hemmung: Deren Aufgabe ist die Aufteilung der Energie des Federhauses in einzelne Portionen und damit die Teilung der Zeit in kleine, immer gleiche Schritte: Erst das macht Zeit messbar. Seit knapp 250 Jahren ist das Prinzip dasselbe, ein komplexer Mechanismus aus zwei Dutzend Bauteilen, raffiniert, aber fragil und kompliziert zu schmieren. Natürlich wurde diese Baugruppe immer weiter optimiert, auch die Schwingfrequenz der Unruh wesentlich gesteigert, weil kleinere Zeitabschnitte größere Präzision ermöglichen. Nur kostet das viel Kraft und kann für erheblichen Verschleiß sorgen.
In den vergangenen Jahren waren ein paar wenige radikal neue Hemmungs-Konstruktionen zu sehen. Aber die wurden in winzigen Sammler-Serien zu strammen Preisen hergestellt oder erlangten erst gar keine Marktreife. Frederique Constant aber bietet seine Uhr in großen Stückzahlen an – und für den vergleichsweise moderaten Preis von 4495 Euro.
Eigentlich sollte die Sensation im Frühjahr 2020 präsentiert werden, aber die Pandemie warf den Zeitplan über den Haufen: „Wir waren uns sicher, dass wir vor diesem Frühjahr nicht genug Aufmerksamkeit bekämen“, erklärt CEO Niels Eggerding, „glücklicherweise hat die Geheimhaltung funktioniert. Und in gewisser Hinsicht bin ich über die Verzögerung auch froh. Wir hatten Zeit, das Produkt noch weiter zu verbessern.“
Den „Monolithic“-Oszillator, Herzstück der Uhr, hat Frederique Constant gemeinsam mit Flexous entwickelt, einem Spin-off der Universität Delft: Ein einziges Bauteil ersetzt 26 Komponeneten einer traditionellen Hemmung und ist, weil aus Silizium, vollkommen unempfindlich gegen Magnetstrahlung aus Handys, Taschenverschlüssen etc. Vor allem schwingt diese Hemmung mit 40 Hertz, dem Zehnfachen der bislang üblichen Frequenz und beste Voraussetzung für eine Genauigkeit, wie sie in mechanischen Uhren kaum vorstellbar war.
Mit dieser Frequenz schwingt der Oszillator knapp an der Wahrnehmungsgrenze des menschlichen Auges. Zu sehen ist ein reizvolles Irisieren; noch in der Zeitlupe bleibt die Bewegung viel schneller als jede Unruh und der Sekundenzeiger gleitet völlig ruckfrei.
„Monolithic“ hat, wenn es sich bewährt, wirklich das Potenzial zur Revolution. Und mancher hätte sich bestimmt eine sinnfällig futuristische Gestaltung der Hightech-Uhr erwartet. Aber da ist auch Frederique Constant ganz traditionsbewusst: „Die flachen Uhren mit römischen Ziffern und Blick auf die Hemmung sind das Markenzeichen unseres Hauses“, sagt Niels Eggerding, „deshalb ist die „Slimline“ erster Träger des neuen Werks“ Aber dann sehe man weiter, in der Zukunft.