Milan Fashion Week

Sehnsucht nach Lässigkeit

Die Villa Necchi liegt unweit vom Mailänder Hauptquartier der Tod’s Gruppe in einem großen Garten hinter einer hohen Steinmauer. Mehr Land- als Stadthaus wurde sie in den 1930er-Jahren für die Nähmaschinen-Dynastie Necchi errichtet und ist bis heute im Originalzustand erhalten und eingerichtet. Sie hat die guten und schweren Zeiten gesehen. Der Architekt Piero Portaluppi bekam damals alle Freiheiten bei der Gestaltung, auch finanziell. Ob Letzteres auch für Walter Chiapponi galt, der nun seine zweite Kollektion für Tod’s in jenem Geschichten- und stilvollem Haus filmisch präsentierte, sei dahingestellt. Aber die Freiheit der Gestaltung hatte er offensichtlich.

„Sein“ Tod’s ist quasi einmal durchgewaschen, spielt mit der Sehnsucht nach der Lässigkeit und Natürlichkeit der 70er-Jahre, jene Zeit, als Frauen wahlweise Unbekümmertheit oder gleich Freiheit ausstrahlten oder wenigstens anzogen. Am Tag vor der digitalen Präsentation des Films, der in allen Räumen der Villa Necchi spielte, Looks und Produkte wie zufällige Begegnungen inszenierte, hatte Chiapponi im Showroom in der Via Serbelloni seine Entwürfe schon mal vorgestellt:

„Ich spiele wirklich gern. Früher habe ich so viel entworfen, aber seit wir mit der Kampagne ‚made by humans‘ herausgekommen sind, mag ich die Konzentration, es ist wie eine neue Sprache. Ich arbeite intensiv mit den Klassikern, manipuliere sie aber in der Art wie ich sie behandle. Ich habe sie ein bisschen lebendiger gemacht durch Waschungen. Die Schnitte sind organischer, weicher, mehr wie Sommer in gewisser Weise.

Von wirklich sportlichem Material wie Rohbaumwolle zu großen Nähten, von utilitaristisch zu militärisch, die und auch weiblicher und frivoler. Auch mehr Volumen. Alles folgt der Idee des Entspannten, was nichts mit Homeoffice zu tun hat, sondern der Idee, wieder auf einen zwanglosen Weg zurückzukehren. Meiner Idee. Als Ergebnis der vergangenen Monate bin ich aber zum Ende des Designprozesses hin im Juli mutiger bei den Farben geworden. Am Anfang war alles irgendwie weißlich, beige, grau. Doch dann machte ich mich auf die Suche nach lebhafteren Farben, sehr stark, die für Freude in der Sinnlichkeit stehen. Wie auch die Schuhe. Ich habe einfach mal ganz andere gemacht.“

Elegante Mules mit Plastikabsätzen. Und geflochtene Mokassins aus Wildleder, auf denen es sich bestimmt gut in die Hippie-Sonne läuft.

Text
Inga Griese