Wie eine junge Frau den Parfümmarkt, Fußballstadien und Lukas Podolski aufmischt.
Fanmomente
In der Sekunde, in der im Camp Nou ein Tor fällt, passiert es: Ein Hauch marine Noten, Lavendel, Limette, Zypresse, gemischt mit Holzmolekülen und einem metallischen Akkord, strömt zu den Fußballfans. Ganz automatisch wird über die Lüftungsanlagen unter den 105.000 Sitzen das Duftlogo des FC Barcelona versprüht. Klingt nach Zukunftsmusik, doch sobald das Stadion des spanischen Rekordpokalsiegers nach dem Umbau (geschätzt 2022) wieder öffnet, ist das Realität. Und wer heute bereits die Fanshops oder VIP-Bereiche des Clubs betritt, riecht bereits den frischen Duft – kreiert von Romy Kowalewski. Nein, sie ist nicht Hausparfümeurin des Spitzenclubs noch Fußballergattin mit ambitioniertem Hobby. Die junge Deutsche ist gemeinsam mit einer Studienfreundin Inhaberin von „Avantgarde Molecules“, einer Firma, die Duftlogos entwickelt. Was Ralph Lauren in seinem Store an der Madison Avenue einst einführte, ist längst nicht Standard geworden.
„Im Marketing wird alles beachtet, nur der Duft nicht. Marken legen Wert auf das visuelle Logo, auf Einrichtung, wobei doch Gerüche in unserem limbischen System mit unseren Emotionen und Erinnerungen verlinkt sind“, erklärt die 33-Jährige, die nach dem Marketingstudium lieber in Barcelona blieb, als zurück ins Berliner Umland zu ziehen. Als sie las, dass Camp Nou renoviert würde, schrieb sie kurzerhand den Verein an, man möge beim Umbau doch nicht den Faktor Duft vergessen. Prompt meldeten die Spanier sich. Romy Kowalewski ist bereits mit anderen Vereinen im Gespräch, auch in Deutschland. „Da steckt noch viel Potenzial drin, allein in den Fanshops. Statt 08/15-Deos oder Parfüms zu verkaufen, von den anderen Accessoires einmal abgesehen, sollte es doch etwas geben, das man mit dem Verein verbindet. Etwas das Emotionen hervorruft.“
„Im Marketing wird alles beachtet, nur der Duft nicht. Marken legen Wert auf das visuelle Logo, auf Einrichtung, wobei doch Gerüche in unserem limbischen System mit unseren Emotionen und Erinnerungen verlinkt sind.“
Kowalewski, die 2016 das Unisex-Parfümlabel „27 87“ gründete, benannt nach ihrem Geburtsjahr und der Füllmenge, ist selbst nicht Parfümeurin, sondern Marketingexpertin. Die energische 33-Jährige schreibt die Konzepte, gibt den Parfümeuren, die sie seit ihrer Zeit bei einem großen Kosmetikkonzern in Barcelona kennt, die Richtung vor. Bekannte Nasen wie Daniela Andrier oder Marc Buxton helfen ihr bei der olfaktorischen Umsetzung. „Nachdem sie mein Briefing im Labor umgesetzt haben, puzzeln wir so lange bis ich den Duft vor mir habe, den ich mir ausgedacht habe.“ Die großen Namen der Branche waren Türöffner, „dem Connaisseur in der Parfümerie ist das wichtig, außerdem gibt das Vertrauen.“
Zu ihren Fans gehört auch Ex-Nationalspieler Lukas Podolski. „Er kaufte sich vor einem Jahr meinen Duft ‚Wandervogel‘ und schrieb mir, dass er ihm so gut gefalle“. Der Kölner liebe ungeahnterweise Parfüms, habe eine Sammlung von knapp 250 Stück. „Er hat mir mal erzählt, dass auf dem Fußballfeld alle nur die gängigen Marken tragen. Er hatte es satt. Inzwischen stöbert er überall in Nischenparfümerien für seine persönliche Perfume Wardrobe“, sagt sie und lacht. Die beiden Duftenthusiasten telefonieren und treffen sich nun öfter. „Wandervogel trägt Lukas vor jedem Spiel auf, weil die Hauptzutat Minze ihm Energie gibt. Kürzlich bat er mich, etwas für sein Auto zu entwerfen, damit er den Duft auf dem Weg zum Training schon um sich hat.“
Ihr nächster Wunsch wäre, eine Bank oder Kanzlei zu beraten. Orte, an denen man durch einen Duft Sicherheit vermitteln kann, gerade in diesen wirren Zeiten. „Das kann man im Unterbewusstsein dem Kunden durch Düfte problemlos vermitteln.“ Wie Corona das Parfüm-Auftragen beeinflussen wird, kann sie noch nicht abschätzen. Bislang hat sie keine Auswirkungen bemerkt, „Ich habe nur etwas Sorge, mich zu infizieren und meinen Geruchssinn eine Zeit lang zu verlieren“, gibt sie zu. „Denn ich arbeite aktuell an zwei neuen Kreationen.“ Dann, wenn auch alle Fußballfans hoffentlich wieder ins Stadion gehen können.