Gamechanger

Khaby’s Game

Das Capitolium von Brescia ist erstaunlicherweise eher Geheimtipp, recht zentral gelegen, umgeben von Altstadt, Wohnraum und Restaurants. Es war einst der Haupttempel der lombardischen Stadt und den drei Gottheiten Minerva, Jupiter und Juno gewidmet. Sehenswert erhalten, ein perfekter Ort für ein Shooting mit einem Superhelden der Neuzeit: Khaby Lame, einst Flüchtlingskind, jetzt unangefochtene Nummer Eins auf TikTok. Bescheiden, komisch, elegant. Markenbotschafter von Boss und Vorbild: Sein Traum ist lebendig. Die Schulklasse, die ihn entdeckt, kann ihr Glück kaum fassen.

Er steht für alles, was uns Hoffnung macht: Er ist jung, hat Humor, Herz und einen klaren Blick – und er hat bewiesen, dass Schicksal etwas ist, dass man anpacken kann. Khabane „Khaby“ Lame, 22 Jahre, der Superstar auf Social Media, TikTok und Instagram, kam als Einjähriger mit seinen Eltern und vier Geschwistern aus dem Senegal nach Turin, die Verhältnisse waren ärmlich. Während der Pandemie verlor er seinen Job, zog zurück ins Schrankbett bei den Eltern in Chivasso. Im März 2020 lud er erste Videos auf TikTok hoch. Was zum Schmunzeln in öden Zeiten. Der Rest ist TikTok-Geschichte, Khaby die Nummer eins. Sein komödiantisches Talent, seine feine Sicht auf den alltäglichen Wahnsinn und die aufklappenden Hände sind sein Markenzeichen. Es regnet beim Shooting im antiken Kapitol von Brescia, Khaby aber post, tanzt, spielt unermüdlich.

20.9.2022 16:24

FOLLOWER
149.735.683 TIKTOK
79.798.857 INSTAGRAM

 

ICON: Khaby, alles begann in Ihrem kleinen Schlafzimmer bei Ihren Eltern während der Pandemie, richtig?

Khaby Lame: Ja, das ist wahr. Als ich wegen Covid19 entlassen wurde, nutzte ich den Stillstand, um mich meinen Leidenschaften zu widmen: schauspielen und Menschen zum Lachen zu bringen. Also habe ich angefangen, Inhalte für TikTok zu erstellen und mit verschiedenen Formaten zu experimentieren, denn für mich war es wichtig, Spaß zu haben und andere zu unterhalten.

Was war vorher?

Ich hatte viele Jobs, um meine Familie zu unterstützen:Ich war Kellner, Maurer, Hilfskoch, Tellerwäscher. In einer Fabrik bei Turin bediente ich Maschinen, dann wurde ich wegen der Pandemie entlassen.

Haben Sie manchmal gedacht, wie es wohl wäre, der TikTok-Superstar zu werden?

Das ist schwer zu sagen, es ist alles sehr schnell passiert! Mir wurde die Situation erst allmählich bewusst. Als ich auf der Straße um Fotos gebeten wurde und berühmte Leute, die ich für unerreichbar hielt, mit mir Videos machten – und vielleicht am meisten, als ich meiner Familie helfen und sie glücklich machen konnte.

Wie war das, als Sie die Grenze von 100 Millionen Followern auf TikTok geknackt haben?

Inzwischen sind es ja sogar ungefähr unglaubliche 150 Millionen. Es war verrückt! Ich kann es immer noch nicht fassen! Dieses Gefühl ist unbeschreiblich, wenn ich daran denke, dass so viele Menschen mir folgen und mich unterstützen. Wunderbar. Ich hoffe, ich kann ein Beispiel sein, man muss immer an seine Träume glauben.

 

Wenn sich jetzt alle Ihre Anhänger zusammenstellen würden, können Sie sich die Masse vorstellen?

Ich glaube nicht! Es ist eine unglaubliche Zahl, aber es wäre sicherlich ein schönes Bild, meine Follower sind die schönsten. (lacht)

Kennen Sie Ihren ersten Follower?

Meinen Vater. Er hat mich immer unterstützt. Er hat sich meine Videos angesehen, schon als ich sie als Kind auf YouTube hochgeladen habe.

 Damals haben nur mein Vater und mein Onkel sie angeschaut, aber ich war überglücklich, weil ich sie zum Lachen gebracht habe.

 

 

Sie sind erfolgreich mit Ironie. Wie schön in Zeiten, da subtiler Humor leicht missverstanden wird, besonders im Internet. „Mit Khaby lernen“ ist Ihr Slogan, nur mit Schauspielerei, ohne Sprache – gab es da eine Strategie oder eher Versuch und Irrtum?

Ich habe angefangen, Stummfilmvideos zu machen, weil ich wusste, dass ich meine Botschaften nur still an möglichst viele Menschen weitergeben kann. Ich habe mich für die Sprache von Gesten und Mimik entschieden, weil sie universell ist, sodass meine Videos von jedem unmittelbar verstanden werden können. Das ist mir wichtig. Genauso, wie es wichtig ist, niemanden zu beleidigen. Das ist mir schon sehr früh klar geworden.

Waren Sie in der Schule immer der Lustige?

Ich habe immer gerne gelacht und Witze gemacht und immer alle ein bisschen geärgert, Mitschüler und Lehrer. Gleichzeitig war ich aber auch ein schüchternes Kind, das bin ich immer noch – seltsam, oder? Ich hatte Schwierigkeiten wegen meiner Legasthenie, aber ich habe immer einen Weg gefunden, damit zurechtzukommen.

Besonders die jungen Leute bewundern Sie, fühlen Sie sich verantwortlich, ein Vorbild zu sein?

Oft lassen sich Kinder, sei es in den sozialen Medien oder im Alltag, vom Urteil anderer beeinflussen, fangen an, sich zu verändern, und hören auf, ihre Träume zu verfolgen, nur weil ihnen jemand gesagt hat, sie könnten es nicht schaffen. Ich bin der Beweis dafür, dass jeder sein Leben verbessern kann, dass jedes Ziel mit Leidenschaft und Entschlossenheit erreicht werden kann: Glaube immer an deine Träume! Ich versuche, andere zu inspirieren, und habe bereits Inhalte zu Themen veröffentlicht, die mir am Herzen liegen, wie Wohltätigkeit und Krieg. Ich versuche, meinen Teil beizutragen, und hoffe, dass meine Anhänger mich als Vorbild nehmen und ihrerseits aktiv werden.

Wie würden Sie ihrer Grossmutter ihren Job erklären?

Ich glaube, das Beste wäre, ihr ein Video von mir zu zeigen inklusive dem Move, der mich berühmt gemacht hat: dem Khaby-Move.

Viele sind erstaunt, dass Sie Italiener sind. Ist das ärgerlich?

Ich denke, das ist verständlich, auch weil ich in meinen Videos nicht spreche, ich könnte aus jedem Land kommen. Ich achte gar nicht so sehr darauf.

Ich bin stolz darauf, in Italien aufgewachsen zu sein, und das sage ich immer gerne.

Wo haben Sie Alessandro Riggio, Ihren Star-Manager, kennengelernt?

Ich habe es geschafft, im Chat einer seiner Live-Übertragungen auf Twitch auf mich aufmerksam zu machen, da hatte ich nur 1.000 Follower, aber er sah Potenzial in mir. Wir haben Kontakt aufgenommen und wurden Freunde, eine richtige Familie. Wir vertrauen einander, und das ist die Grundvoraussetzung für eine gute Beziehung, nicht nur privat, sondern auch beruflich.

Wie hat sich Ihr Leben verändert?

Es ist völlig anders als vorher. Ich lebte in einer Sozialwohnung und arbeitete Tag und Nacht in der Fabrik. Dank meiner Arbeit kann ich nun meiner Familie und alten Freunden helfen, Wohltätigkeitsarbeit leisten und Menschen in Not unterstützen. Meine Tage sind anders, ich lebe an einem anderen Ort, ich kleide mich anders … Aber die Menschen, die ich liebe, haben sich nicht verändert, ebenso wenig wie meine Werte.

Apropos Kleidung, Sie sind Botschafter von Boss und gestalten auch eine eigene kleine Kollektion.

Wir trafen uns 2021 in Mailand, Boss wollte seine Ansprache an die Kunden verjüngen. Es war eine Wette für uns beide, und ich denke, es hat funktioniert. Ich habe auch eine kleine Kollektion, in die ich meine Ideen einbringen kann, aber die Ehre gebührt den Designern von Boss.

Haben Sie jemals daran gedacht, in die Politik zu gehen, bei Ihrer Beliebtheit?

Nein. Jeder hat seinen eigenen Weg und Platz. Die Politik muss in den Händen derjenigen liegen, die die Fähigkeiten haben, ein Land zu führen; Ruhm kann kein Schlüssel sein, um diese Fähigkeiten zu erlangen.

Was ist Ihr Traum? Ihre Hoffnung? Ihre Angst? „Ich kann sie alle in einem Punkt zusammenfassen: eine Karriere beim Film zu machen. Ich bin sicher, dass ich weiter meinen Traum folgen, hart arbeiten und studieren werde, um meine Ziele zu erreichen, auch und gerade in schwierigen Zeiten.“

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Der nächste Eddie Murphy?

Ich würde gerne nach Amerika gehen und Filme machen, Komiker werden, deshalb studiere ich bereits Schauspiel und Englisch. Es wäre toll, einen Film mit Will Smith, Eddie Murphy oder Dwayne „The Rock“ Johnson zu drehen. Das sind alles Schauspieler, die ich wirklich bewundere: Will Smith ist mein Idol und ein phänomenaler Schauspieler, Eddie Murphy hat mich gelehrt, an mich selbst zu glauben, und ‚The Rock‘ hat mir immer viel Kraft gegeben, nicht nur körperlich, sondern auch geistig.

Sind Sie ein glücklicher Mensch?

Ja! Wie könnte ich das nicht sein? Ich bin glücklich, weil ich das tue, was ich gerne tue; es gibt viele Menschen, die mich aufrichtig lieben, und ich habe eine Armee von Anhängern, von Menschen, die mich unterstützen. Alles läuft gut!

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INGA GRIESE
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