Île de Ré

Magic Places

Île de Ré

Manches Meer säuselt, manches schwingt sich zur großen Rede auf, manches erzählt seine Geschichten ganz einfach so. In Frankreich gibt es das Team Côte d’Azur und das Team Atlantik – und wo das Mittelmeer mit Farben prahlt, mit Vielfalt und mit Pracht, da eröffnet der Atlantik ein neues Gefühl von Tiefe und Weite, von beinahe unendlicher Großzügigkeit, ganz so, als ob es nichts Selbstverständlicheres gebe, als dass das Leben ein Geschenk sei.

Wer im Hafen von St. Martin auf der Île de Ré an der Mole steht und zum Horizont blickt, der wird dieses Gefühl haben. In Deutschland sehen einen die Bekannten gern etwas mitleidig an, wenn man erzählt, dass man für maritime Stille nach Frankreich fährt. Aber das ist ja gerade das Wunder, das dieses Fischerdorf vollbringt: Weil die Lauten, die Parvenüs, die Pariser, die sich gegenseitig mit Trends quälen, ja damit beschäftigt sind, an der Côte d’Azur auf Russen, Araber und Deutsche zu schimpfen, tauchen sie hier garantiert nicht auf.

 Wen es auf die Île de Ré zieht, der lebt in Sandsteinhäusern, die keine Paläste sein müssen, der trägt zumindest abends Kleidung, die seine Persönlichkeit widerspiegelt, der isst das Beste, was die Region zu bieten hat. Ein Dasein, das das Schlichte und das Diskrete so beiläufig zum Mittelpunkt hat, dass man fast vergessen könnte, wie schlicht und diskret es hier zugeht. Wie soll man sagen? Es liegt nahe, Menschen, die das Laute lieben, in dieser Umgebung für dumm zu halten. Aber das wäre wohl ein wenig übertrieben.

 

Natürlich kommen Horden vom Festland zu Punkten wie dem Leuchtturm Phare de Baleines. Aber dem Kern der Insel kann das nichts anhaben. Zwei Dinge sind es, von denen die Menschheit nie genug haben wird: Ruhe und Frieden. Die Île de Ré ist dieser eine Ort, an dem es wirklich anders ist.

 

Uhr: Audemars Piguet „Royal Oak Jumbo Extra-Thin“. Im Titangehäuse mit Platin-Lünette robust genug für die See, mit 39 Millimetern Durchmesser und extradünner Bauweise aber nichts, das auf sich aufmerksam macht.
Unstrukturiertes Kaschmir-Jackett in Marineblau von Loro Piana mit Birdseye-Musterung: Schützt abends vor aufkommendem Wind, passt durch die Farbe zum Licht, bleibt aber völlig zivil, ohne ein Showpiece zu sein
Rauleder-Loafers von George Cleverley: Natürlich könnte man selbst hier seinen Look mit Sneakers aufpeppen, aber wir sind nicht in Nizza oder sonstwo, wo man bereit wäre, sich mit egal welcher Insignie zu schmücken, nur weil eine Mehrheit sie für zeitgemäß hält.
Hellblaue Chino von Dior: So nüchtern geschnitten, dass sie in ihrer Eleganz schon wieder etwas Extravagantes hat – mit einem Wort: Frankreich
Weißes Polo-Shirt von Lacoste: Wo, wenn nicht hier?
Text
Philip Cassier