Magic Place

Magic Places
Venedig 

Gab es wohl jemals eine Zeit, in der es nicht als schick galt, nach Venedig zu fahren? Wohl kaum. Von Goethe, Casanova, Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway und Coco Chanel und Halb-Hollywood – die Liste berühmter Gäste ist lang. Nun ist es wieder an der Zeit, die Lagunenstadt zu besuchen. Unter die nur knapp 60.000 Einwohner mischen sich mitunter Hunderttausende Touristen. Zu Fuß, in Gondeln oder den typischen Wassertaxis der Venezianer. Sicherlich war es während der letzten zwei Jahre menschenleer und magisch. Doch gerade Venedig lebt mit, durch und auch von seinen Besuchern. Bis zum 27. November wird die 59. Kunstbiennale gezeigt. Allein die ist schon einen Besuch wert. Doch abseits des Kunstrummels, gilt es immer etwas Neues oder Altbewährtes zu erkunden, weiß Caroline Börger aus verschiedenen Besuchen. Sie teilt hier ihre liebsten Orte der Stadt – auch wenn sie sicher ist, dass sie im Nachhinein keine Geheimtipps mehr sein werden.

 

Aussichtsplattform „Fondaco die Tedeschi“

 

Manchmal muss man in Venedig eben hoch hinaus, um den Überblick über die kleinen Gassen und Kanäle zu behalten. Dafür eignet sich die Aussichtsplattform des Luxuskaufhaus „Fondaco die Tedeschi“, das direkt an der Rialto-Brücke liegt und aus jeder Richtung der Stadt gut erreichbar ist. Die ehemalige Niederlassung deutscher Händler, die bereits 1228 eröffnet wurde und schon viele Institutionen beherbergt hat (Zollstelle unter Napoleon, Post unter Mussolini und nun eben Luxuskaufhaus des LVMH-Konzerns) lockt auch zum Bummeln.

Und weniger Shopping Interessierte könnte schon die Architektur des Architektenbüros OMA von Rem Koolhaas im Inneren begeistern. Tipp: Wer sich in die Schlange vor dem Kaufhaus einreiht, gelangt schneller auf die Dachterrasse.

Calle del Fontego dei Tedeschi

Dachterrasse: tägl. 10:30 – 18:30 Uhr

(zeitlich begrenzt auf 15 Minuten)

 

Hotel Ca‘ di Dio

Wie gut, dass das Wassertaxi den Weg kennt. Denn das Ziel, das Hotel „Ca’ di Dio“, ist von außen mit der schmucklosen Fassade und nur wenigen Fenstern zum Canal Grande kaum als solches erkennbar. Doch die Abgewandtheit hat historische Gründe. Das Gebäude steht seit 1272 an Ort und Stelle, war schon Übernachtungsmöglichkeit für Pilger auf dem Weg ins Heilige Land, später eine Unterkunft für Frauen in Not. „Haus Gottes“ heißt es also nicht ohne Grund. Im Inneren jedoch hat das erst im vergangenen Sommer neu eröffnete 5-Sterne-Haus bis auf die herrlichen Terrakotta-Böden und die ewig langen Flure nichts mehr mit einer schlichten Herberge gemein. Designerin Patricia Urquiola hat dem fast 800 Jahre alten Palazzo neues Leben eingehaucht. Eine echte Herausforderung, sollten die 66 Zimmer, in Form und Größe alle unterschiedlich, dem ursprünglichen Grundriss treu bleiben. Den Plüsch der altbekannten Hotels, die am Canal Grande aufgereiht sind wie eine üppige Perlenkette, sucht man hier vergebens. Die unwirschen Kellner auch. Man vermisst beides nicht. Im Hotel arbeitet ein junges, freundliches Team, das jederzeit mit Rat und Tischbestellungen zur Seite steht, die Zimmer sind mit modernen Rubelli-Stoffen in Pastellfarben und schlichten Murano-Leuchten eingerichtet. Auch der Blick auf den Canal bis rüber zur Insel San Giorgio Maggiore ist atemberaubend. Öffnet man das Fenster und beugt sich heraus, fasziniert der Abendhimmel über der Lagune immer wieder aufs Neue.

Praktischerweise liegt das „Ca’ di Dio“ am Eingang des Kunstviertels Arsenale und somit fußnah zur Biennale. Gefrühstückt werden kann, entspannt im grünen Innenhof des Hotels. Oder man nutzt die letzten Sonnenstrahlen bei einem „Spritz“ (übrigens eine venezianische Erfindung) vor dem Haus, denn hier scheint die Sonne noch, wenn das legendäre „Caffè Florian“ am Markusplatz schon längst im Schatten liegt.

Riva Ca‘ di Dio, 2183

http://ca-di-dio-hotel.all-hotels-venice.com

Trattoria „Antiche Carampane“

Um zu diesem Geheimtipp zu gelangen, sollte man Lust haben, die Stadt wirklich zu erkunden. Denn zufällig findet man diese Trattoria nicht. Und wer auf Pizza oder nur eine Portion Pasta aus ist, sollte vielleicht auch besser weiterziehen, denn das machen die Inhaber schon auf einem Schild vor der Tür klar: No Pizza, no Pasta! Wer hier zu Mittag oder Abend isst (gleichermaßen sollten Sie unbedingt reservieren!), bekommt etwas anderes. Die Köche der Trattoria sind jeden Morgen auf dem Rialto-Markt auf der Suche nach dem besten Fisch und stellen ihre Funde per Video täglich online. Die Fänge des Tages werden zu köstlichem Carpaccio (beste Vorspeise!) verarbeitet, gefolgt von Tagliatelle mit Spider Crab Sauce (sehr besonderer Primi Piatti) und danach sollte noch Platz für den frittierten Fisch mit Artischockenherzen sein. Platz für ein Dessert sollten Sie auch noch lassen.

 

San Polo, 1911

So & Mo Ruhetag

Reservierungen über www.antichecarampane.com

 

Harry’s Bar

Klassiker! Und entgegen allen Gerüchten während der Coronazeit: Es gibt sie noch. Ein Besuch im Restaurant oder der Bar muss bei einem Venedig-Besuch sein. Und wenn Sie nur einen Bellini trinken, schließlich gilt Gründer Giuseppe Cipriani als Erfinder des Drinks aus Champagner und Pfirsichmark. Heute wird das Mini-Restaurant, das von Amerikanern, schicken Einheimischen und anderen Touristen gleichermaßen geliebt wird, ist immer noch in Familienhand. Der inzwischen 90-jährige Sohn des Gründers, Arrigo, und Enkel Giuseppe, führen das Familienunternehmen, das weltweit Ableger betreibt und Pasta sowie Flaschen-Bellini verkauft. Doch davon sollten Sie sich nicht abschrecken lassen. Wer Zeit für ein Essen hat, sollte das ebenfalls von den Ciprianis erfundene Carpaccio kosten. Statt Dessert: ein Glas hausgemachten Artischocken-Schnaps auf Eis!

San Marco 1323

tägl. 10 – 24 Uhr

www.cipriani.com

 

 

The Gritti Palace

 

Si, die Übernachtungen in dem Traditions-Palazzo aus dem 15. Jahrhundert sind kostspielig. Doch dafür werden Sie am Morgen mit einem Traumblick über den Canal Grande belohnt. Den können Sie aber auch erhaschen, wenn Sie bei Frühstück und Cappuccino, serviert wird auf hellblau-weiß gestreiftem Porzellan des 5-Sterne-Hotels, einen Platz auf der Terrasse ergattern und den Gondelfahrern und Lieferbooten dabei in aller Ruhe zuschauen, wie sie ihre Waren und Gäste durch den Canal manövrieren. Mittags gibt’s eine Lunchkarte und am Abend öffnet dann die „Riva Lounge“ ihre Tür, die, klar nach den berühmten Holzbooten benannt ist und deren Design an die schicken Boote erinnert. Salute!

Campo Santa Maria Del Giglio, 2467

www.marriot.de

 

Pizzeria „1000 Gourmet“

Wer nach all den Fischköstlichkeiten, die die Lagunenstadt so bietet, mal Appetit auf etwas Herzhaftes und Einfaches hat, dem sei ein Stopp in einer unscheinbaren Pizzeria zwischen Markusplatz und der Rialto Brücke nahegelegt. Gebacken wird nach traditioneller neapolitanischer Art (einen Ableger in Neapel gibt’s auch). Dazu bestellt man sich am besten ein kleines Bier (Italiener selbst würden niemals einen Wein zu einer Pizza trinken) und danach sind Sie gestärkt für die nächste Stadtrunde.

Calle Specchieri S. Marco 475

www.1000gourmet.it

 

Piedàterre

Der schicke Schuhladen am Campo Santo Stefano ist architektonisch eine Augenweide: allein der Terrazzoboden, kombiniert zu den deckenhohen dunkelblauen Regalen, die über und über mit den stadttypischen Pantoffeln geschmückt sind. Der Trend zu den Samtschlappen hat sich inzwischen auch außerhalb Venedigs herumgesprochen und die vielen Farben passen zu Sommer- und Winteroutfits gleichermaßen. Traditionell werden die Slipper, die im Friaul aus recycelten Materialien hergestellt und nach der Region benannt werden, und erst in den 60er-Jahren ihren Weg nach Venedig fanden, aus Samt gefertigt. Dort trugen zuerst Gondoliere die leichten Slipper, deren Sohle den Lack der Schiffe schonen sollte. Doch längst sind auch Landratten Fans. Inzwischen gibt’s sogar Varianten aus Kaschmir oder den typischen Bevilaqua-Stoffen, ebenfalls eine Ikone Venedigs.

Campo Santo Stefano

S. Polo, 60

www.piedaterrevenezia.com

Ristorante Al Covo

 

Zugegeben, die Speisekarte des Restaurants „Al Covo“ ist großartig. Gekocht wird hier noch von Inhaber Cesare Benelli und seinem Team. Seit 1987. Doch wenn wir ehrlich sind, muss man lohnt es sich Kapazitäten für ein Dessert zu lassen, denn die kreiert die Chefin des Hauses, die Amerikanerin Diane, täglich frisch. Eine ganze Karte „Il Dolci di Diane“ füllt sie täglich mit ihren Kreationen. Was am besten schmeckt? Ob Birnen-Pflaumen-Kuchen mit Grappa-Zimt-Soße, Gianduiotto mit Sahne, Panna Cotta oder Torta al puro cacao – wie wäre es mit Teilen? Oder Wiederkommen? Keine Sorge! Sie schaffen das. Schließlich müssen die 25.000 Schritte pro Tag doch für etwas gut sein?

Castello 3968

www.ristorantealcovo.com

Ruhetage Dienstag & Mittwoch

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Caroline Börger
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Caroline Börger
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Ristorante Al Covo
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Talbot Runhof
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Harry’s Bar