Thorsten Frerichs betreibt neben der „Clockers Bar“ im „Drilling“ auch Hamburgs einzige Verschlussbrennerei. Macht nicht nur Spaß, sondern bringt auch den Zoll ins Haus.
DAUERBRENNER
Eigene Spirituosen stellen viele Produzenten her, warum ist eine Verschlussbrennerei dennoch etwas Besonderes?
Wir sind in Hamburg die einzige Brennerei, die Zucker oder stärkehaltige Rohstoffe zu Alkohol vergären darf. Brennen ist quasi das Destillieren von vergorenen Substanzen. Zum Vergleich: Gin-Brennereien nehmen fertigen Alkohol, geben Aromen-Träger dazu und redestillieren das in der Destille.
Das klingt nach viel kreativer Freiheit, doch die geht mit strengen Auflagen einher, oder?
Die Anlage ist vom Zoll verplombt. Wir können keinen Alkohol entnehmen, ohne dass der Zoll es weiß. Die produzierte Menge ist dann Grundlage für die Alkoholsteuer. Wir beladen die Anlage, machen den Deckel zu, brennen und dürfen während dieses Prozesses nicht mehr eingreifen. Am Schluss zählt die Anlage den produzierten Alkohol. Außerdem ist die ganze Zeit – manchmal von morgens um sechs bis nachts – ein Beamter vom Zoll anwesend.
Was ein Aufwand. Warum lohnt es sich trotzdem?
Durch die Verschlussbrennerei sind wir nicht limitiert in den Produkten, die wir herstellen, wir können alles Mögliche einsetzen. Hamburgs ersten Rum und ersten Whisky haben wir destilliert. Das wurde hier im Stadtgebiet noch nie gemacht – immer schon gehandelt, aber noch niemand hat selbst destilliert. Wir haben inzwischen 70 bis 80 Produkte.
Gibt es ein Produkt, auf das Sie ganz besonders stolz sind?
Wir haben einen Rote-Bete-Geist. Ich mag dieses Erdige in Verbindung mit dem Fruchtigen daran. Das kommt auch in dem Destillat so rüber. Wir haben einen Cocktail damit gemacht, er nennt sich „Mrs. Garfield: Rote Bete“, Himbeere, Gin, süß und sauer. Das ist so lecker.
Haben Sie auch mal etwas verworfen?
Wir haben vor zwei Jahren mal Rucola destilliert, weil wir die Schärfe so interessant fanden. Der Einzige bisher, den wir total verworfen haben. Rucola ist halt ein Kohl und so hat es auch gerochen. Die Schärfe ist nicht mitgekommen, weil das Molekül zu schwer ist. Es schmeckte nach kalter Kohlsuppe.
Neben den Nischenprodukten haben Sie auch Gin im Programm. Ist der nicht langsam mal „over“ ?
Gin ist und bleibt ein Dauerbrenner. Und er lässt sich sehr einfach, aber auch sehr aufwendig produzieren. Gin ist ein Wacholdergeist und Wacholder ist an sich schon sehr komplex. Dann kommen Himbeeren oder Kamillenblüten dazu, die die verschiedensten Geschmäcker bedienen. Es ist eine Vielfalt, die der Markt sonst nicht hergibt. Gin kennen die Leute, da liegt die Hemmschwelle niedriger, mal was auszuprobieren. Juristisch stellt sich inzwischen aber immer häufiger die Frage: Ist das noch Gin?
Wenn man tatsächlich mal was Neues ausprobieren mag, ist man bei Ihnen im „Drilling“ oder „Clockers“ genau richtig. Wie führen Sie Kunden da heran?
Mein Verständnis von Gastronomie und Gastgebertum ist, dass man theoretisch keine Getränkekarte braucht, sondern über ein Gespräch mit dem Barkeeper zu einem Aha-Erlebnis kommt. Ich habe eine Handvoll Drinks, die ich immer gern bestelle. Gehe ich aber in eine gute Bar, lasse ich mir gern einen neuen Drink zeigen. Da ist dann nicht selten ein neuer Favorit dabei.
Häufig klingen Sachen spannend, schmecken aber nicht danach.
Wir haben letztens einen Franzbrötchen-Likör entwickelt. Es ist noch immer der einzige, der wirklich aus Franzbrötchen gemacht wird. Andere sind eher Sahne-Aroma-Liköre. Das schmeckt halt nach Zimt-Sahne-Likör. Es muss aber nach Teig schmecken, sonst macht es keinen Sinn, sonst ist es nur ein Zimtlikör mit gutem Marketing. Konsumenten verwirrt das.
Lassen sich Gäste gern beraten?
Die Leute fragen sehr, sehr viel nach, gerade, wenn es um die Bestückung der eigenen Hausbar geht. Zu Hause am PC ist es schwer, herauszufinden, was hinter den Sachen steckt – häufig eben nur Marketing. Das ist genau der Punkt, an dem wir ansetzen.
Mrs. Garfield
2cl Clockers Gin
2 cl Drilling Himbeergeist
2 cl Drilling Rote Beete Geist
1,5 Säuremix (Limetten-/Zitronensaft)
2,5 Zuckersirup (1:1)
Auf Eis gerührt
Garnitur: etwa Rote-Bete-Chip oder eine Himbeere