Uhrenfans!

Geneva Watch Days 2021

Eine wirklich große Uhren-Messe haben die Schweizer schon seit 2019 nicht mehr erlebt. Doch wird derzeit in Genf das Bemühen klar, möglichst schnell ein Stück Normalität zurückzugewinnen. Mehr als zehn Häuser, angeführt von Bulgari und Breitling, bieten in Grandhotels wie dem „Beau Rivage“ Neues und Bekanntes an. Die Stimmung ist wie immer – gleichermaßen geschäftig wie ein marineblauer Anzug, aber auch, dass es nicht zu steif zugehen darf, haben die Macher verstanden. CEOs in weißen Sneakern durch Grandhotel-Bombast laufen zu sehen, mag etwas Erheiterndes haben, aber dem Publikum, vornehmlich Europa mit Russland und der Mittlere Osten, gefällt das. Nicht jedes Gespräch kommt wie geplant zustande, aber wer da ist, spricht mit einer Offenheit, für die wohl erst eine große Krise kommen musste. Genf liefert also ab, ein Mischmasch aus wahrer Exklusivität und dem immer etwas Lässigem oder auch Nachlässigem, das mal Geschäftskälte verhindert und mal ein bisschen anstrengt. Schöne Uhren in unterschiedlichen Preislagen gab es en masse zu sehen. Das heißt: Die Industrie sammelt sich. Auf Uhrenfans kommen ausgezeichnete Zeiten zu.

Stadt und Erdkreis

Bulgari hat zuletzt immer wieder mit den Komplikationen für seine ultraflache „Octo Finissimo“ Furore gemacht hat. Jetzt demonstriert das Haus, wie sich auch die kräftigere „Octo Roma“, elegant aufrüsten lässt: Die „Octo Roma Worldtimer“ zeigt im 24-Stunden-Format die Zeit in 24 Zeitzonen. Für Mitteleuropa steht natürlich: Roma. Automatikwerk, Edelstahlgehäuse am Stahlband mit blauem Blatt oder schwarz beschichteter Edelstahl am Kautschukband mit schwarzem Blatt.

Maus-Zeiger

Comic-Kooperationen sind derzeit ein heißes Thema in der Haute Horlogerie. Bei Bulgari haben sie schon Tradition – oder vielmehr bei Designlegende Gérald Genta, dessen Marke die Italiener 1998 kauften. Die „Gérald Genta Arena Retro Mickey Mouse Disney“ folgt weitgehend einer Vorlage aus den 90ern. „Retro“ steht dabei gar nicht für nostalgische Gestaltung, sondern für die typische retrograde Minutenanzeige Gentas, kombiniert mit einer springenden Stunde im Fenster. Die Uhr mit Stahlgehäuse und Automatikantrieb ist limitiert auf 150 Exemplare.

Hochfrequent

Frederique Constants „Monolithic“-Hemmung gehört zweifellos zu den wichtigsten technischen Neuerungen  der vergangenen Jahre. Schließlich räumt sie gründlich mit einem 250 Jahre alten Bauprinzip auf, benötigt statt 26 Bauteilen nur eines und ist völlig amagnetisch. Die Schwingfrequenz ist zehnmal so hoch wie bei üblichen Mechanismen. Dadurch ist sie superpräzise – und ein echter Hingucker. Die „Slimline Monolithic Manufacture“ gibt es in zwei Stahl- und einer Roségoldversion.

Offenherzig

Die „Highlife“-Kollektion von Frederique Constant setzt die geschwungenen Gehäuse-Konturen auf dem Zifferblatt fort, mit einem stilisierten Relief des globalen Gradnetzes. Bei der „Highlife Automatic Skeleton“ bleibt es als stählerne Struktur erhalten und macht den Blick ins Automatikwerk noch interessanter. Ausgeliefert wird die auf 888 Exemplare limitierte Uhr mit einem Stahl- und einem Kautschukband.

Zum Dritten

Die „GMT Earth“ ist vielleicht das bekannteste Modell von Greubel Forsey, schon allein wegen des asymmetrischen Gehäuses: In der Ausbuchtung bei 7 Uhr rotiert ein plastischer Globus realistisch in 24 Stunden, zeigt, wo es Tag und wo es Nacht ist. Das Tourbillon hingegen braucht für eine Umdrehung nur rasante 24 Sekunden. Diese dritte und letzte Auflage der „GMT Earth“ ist mit ihrem schwarzen Blatt puristischer als die zwei Vorgänger – und dank Titanbrücken und -gehäuse deutlich leichter. Gebaut wird die Uhr elfmal.

Abgefahren

Breitling hat die Watch Days mit initiiert und präsentiert in Genf die „Top Time Classic Cars Squad“, drei limitierte Chronographen, die jeweils einem klassischen Sportwagen der 1960-er gewidmet sind. Alle tragen die entsprechenden Logos auf dem Zifferblatt und als Gravur auf dem Stahlboden. Die „Top Time Shelby Cobra“ in leuchtendem Blau hat einen Durchmesser von 40 Millimetern, die „Top Time Chevrolet Corvette“ und die grüne „Top Time Ford Mustang“ sind mit 42 Millimetern deutlich kräftiger.

Text
Philip Cassier & Jan Lehmhaus