Alicia von Rittberg ist Schauspielerin. In ihrer Arbeit vereint sich Energie und Eleganz. Gleiches lässt sich von den Roben sagen, die sie bei diesem Shooting trägt.
Alicia von rittberg: THE LADY IS A VAMP
Es ist heiß. Sehr heiß. Die Fenster des Berliner Fotostudios sind aufgerissen, die Ventilatoren summen vor sich hin und doch bewegt sich kaum ein Lüftchen. Aber dann, als wäre die Klappe gefallen, geht die Tür auf und Alicia von Rittberg kommt hereingestürmt. Ein bisschen außer Atem, wie eine kräftige frische Brise. Die 26-jährige Schauspielerin, die seit sie elf Jahre alt ist vor der Kamera steht, ist ein Profi. Aber keiner, der Dienst nach Vorschrift macht. Ihr Repertoire reicht vom viel beachteten Autorenfilm „Barbara“ von Christian Petzold über Fernsehfilme wie „Lotte am Bauhaus“ von Georg Schnitzler bis hin zu der internationalen Produktion „Herz aus Stahl“ von David Ayer. Parallel dazu studierte von Rittberg Wirtschaftswissenschaften und zog nach London. Ihr neuester Film, „Hello Again“, der am 17. September in die Kinos kommt, ist eine romantische Komödie und legt ein ähnliches Tempo vor. Wie sie mit der aktuellen Vollbremsung umging, erzählte sie Heike Blümner
Frau von Rittberg, Ihren neuen Film „Hello Again“ kann man als romantische Komödie schauen, aber unterschwellig geht es um mehr.
Ich habe mit der Regisseurin und Drehbuchautorin Maggie Peren viel darüber diskutiert und ich finde, es geht darum, wie man lernt zu lieben, und auch, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind. Es ist nicht so, dass man mit einem starken Willen alles verändern kann.
Der Film zeigt auf amüsante Art, dass selbst wenn man es schafft, vermeintliche Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, es danach immer noch anders kommt als gedacht.
Ja, bei Zazie ist es auf jeden Fall so.
Und bei Ihnen?
Bei mir ist eher so, dass wenn Sachen schieflaufen, ich mich dadurch beruhige, dass ich denke, dass die Dinge kommen, wie sie kommen sollen.
Klingt nach Zen.
Ob man das jetzt immer so hundertprozentig so leben kann, ist eine andere Frage, (lacht), aber als Leitlinie finde ich es gut. Wenn mal was nicht geklappt hat, kann man sich wahnsinnig drüber aufregen oder lässt es hinter sich. Diese Wahl hat man ja.
„Wenn mal was nicht geklappt hat, kann man sich wahnsinnig drüber aufregen oder lässt es hinter sich“
Können Sie mir ein Beispiel nennen?
Ja, ich habe nun ein Jahr lang nicht mehr gedreht und da überlegt man dann schon, ob man immer richtig abgebogen ist. Aber dann habe ich gemerkt, dass wenn ich dieses Jahr nicht gehabt hätte, dann wäre ich nicht zur Ruhe gekommen und hätte mir auch keine neue Struktur erarbeitet. Es ist schon richtig, so wie es war.
Alicia von Rittberg
Wie haben Sie dieses in jeglicher Hinsicht bemerkenswerte 2020 bisher verbracht?
Zurück zu meinen Wurzeln. Zurück in mein Elternhaus nach München und dort war ich zusammen mit meinen drei Brüdern. Für uns war das wie verlängerte Weihnachten, weil wir sonst nur dann und vielleicht noch einmal im Sommer zu sechst zusammen sind. Das war schön zu sehen, wie gut das funktioniert hat, weil alle erwachsen sind und jeder aus seinem eigenen Leben dort ankam.
Klingt wie ein Film-Plot. Fällt man da nicht unfreiwillig in seine Kindheitsrollen zurück?
Witzigerweise tatsächlich, das haben wir schnell gemerkt. Aber meine Brüder haben ein geregeltes Berufsleben und haben jeden Tag im Homeoffice wie immer gearbeitet. Und so war der Alltag organisierter, als wenn einfach nur vier Kinder durchs Haus laufen. Für mich war eher die Herausforderung, auch außerhalb eines festen Tagesablaufs, mir die Zeit zu nehmen, die ich brauche.
Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
Ich habe viel Dialog-Coaching gemacht und aus Deutschland heraus an meinem britischen Akzent gearbeitet.
Sie leben momentan in London. Wie sind Sie dort aufgenommen worden?
Anfangs war es gar nicht so einfach. Es ist eine laute Stadt und es hat fast ein Jahr gedauert, bis ich mich eingelebt hatte. Ich lebe mit Freunden aus Deutschland in einer Wohngemeinschaft und fühle mich dort gut aufgehoben, aber es ist schon was anderes, denn mein deutsches Berufsumfeld konnte ich ja nicht mitnehmen. In London ist man ein unbeschriebenes Blatt.
Hat Ihre Wohngemeinschaft Gemeinsamkeiten mit der aus Ihrem aktuellen Film?
Wir haben niemanden, der sich im Bett so verausgabt wie mein Filmpartner. Dafür sind wir alle schon viel zu erwachsen (lacht). Wir kennen uns so lange, dass wir alle wissen, wie wir zueinander stehen. Neue Liebschaften sind da wohl eher ausgeschlossen Das wäre aber mal witzig, so etwas mitzuerleben. Ein bisschen Chaos gehört natürlich immer dazu, aber ich glaube, man lernt auch, auf andere Rücksicht zu nehmen, und das funktioniert nur, wenn jeder seinen eigenen Krempel wegräumt. Ich mag diese Erfahrung.
London, das Feilen am britischen Akzent: Heißt das, dass Sie sich in Zukunft mehr international orientieren möchten?
Ich finde es Quatsch zu sagen, dass ich jetzt nach Hollywood möchte. Ich möchte dahin, wo die schönsten Projekte sind. In Deutschland ist meine Basis, ich liebe es, hier zu drehen, aber natürlich wäre das eine unglaublich spannende Sache, auch die britische Filmkultur näher kennenzulernen.
Was gefällt Ihnen denn in London besonders gut?
Die Kulturszene dort ist unvergleichbar mit jeder anderen europäischen Stadt, in der ich je war. Und auch für wenig Geld ist alles dabei: Ob es nun ein Klavierkonzert in einer kleinen Bar ist, der Sänger über dem Pub, oder Musical, Theater und Ausstellungen von jungen Künstlern – es gibt alles.
Genauso wie Berlin wird London sich mittelfristig auf Grund der Umstände in dieser Hinsicht vermutlich neu erfinden müssen.
Ich bin seit dem Lockdown nicht mehr dort gewesen und wenn ich jetzt zurückgehe, bin ich gespannt. Es könnte bitter werden. Trotzdem möchte ich London nach Corona noch ein bisschen Zeit geben.
Was steht als Nächstes an?
Die Ruhepause ist vorbei. Das nächste Projekt steht an, aber ich möchte noch nicht drüber sprechen. Ich freue mich auf London. Nach Deutschland beziehungsweise Berlin zieht es mich ohnehin irgendwann zurück.