Was passiert gerade? Wie gehen wir damit um? Und können wir daran wachsen? Alber Elbaz im Gespräch mit Imran Amed.
Alber Elbaz: Alles wird gut
Ich habe während der Quarantäne viel gelesen, vor allem Geschichtsbücher, und bin nun wieder optimistisch: Nach jeder Krise, ob eine Pandemie oder ein Krieg, gab es immer neue Höhepunkte in der Kunst, in der Wirtschaft, auch in der Mode. Wie sagte ein Clown, der weint? Ich mache mal eine Pause. Der Mode wurde ja in der letzten Zeit eine Art Bulimie diagnostiziert, ein Zuviel von allem, aber wir sollten jetzt nicht direkt in die Anorexie wechseln. Beides sind gravierende Störungen. Mode ist vor allem Freude, und die sollte man sich gerade jetzt nicht verbieten. Ich hoffe, dass diese Freude in Zukunft jedoch mehr als nur das bloße Anschauen bedeutet, sondern auch das Zuhören. Dass träumen, zuhören und nachdenken gleich wichtig werden.
Der Modedesigner der letzten Zeit saß nicht mehr auf dem Fahrersitz, dort saß das Marketing, und das wollte immer schneller fahren. Wir Modedesigner sollten wieder das Lenkrad übernehmen und uns mit allem etwas mehr Zeit lassen, um uns nicht mehr aus lauter Eile und Profitdruck zu verfahren.
Als ich kürzlich Juror in einem Designernachwuchswettbewerb war, waren all die jungen Leute dort vor allem von drei Fragen beseelt: Ökologie, Nachhaltigkeit und Diversität. Das sind keine Nischenthemen mehr, sondern Mainstream. Für mich heißt Nachhaltigkeit aber nicht nur, Garn aus recycelten Plastikflaschen zu verwenden, sondern auch: fair und transparent zu produzieren. Mode gut herzustellen. Dafür muss man wissen, wie es geht.
Ich rate jungen Designern heute, bevor sie ihre eigene Marke gründen oder wie ich neun Jahre als Praktikant verbringen, lieber in die vielen Fabriken weltweit zu gehen und dort zu lernen, wie es wirklich gemacht wird. Ein Experte darin zu werden, wie man etwas gut machen kann. Wenn sich jetzt all die Schauspielerinnen, die sich auf Instagram normalerweise immer perfekt gestylt präsentieren, plötzlich ohne Make-up zeigen, ahne ich, wohin die Reise geht: Ehrlichkeit, Authentizität wird das Wort der Zukunft sein.
Die alten Griechen meinten ja, alles, was schön sei, sei auch gut. Ich glaube, bald wird es andersherum heißen: Alles, was gut ist, ist auch schön.