Zu alt? So what! 80 Jahre ist sie am Donnerstag geworden, und man kann davon ausgehen, dass beige Übergangsjacken auch in Zukunft keine Rolle in ihrem aufregenden Leben spielen werden. She cares, but not the way people would expect. Manchmal trifft man sie in Rollkragenpullover, Schottenhose und Strickweste, zum Beispiel nach einer Show in London, wahrscheinlich weil es praktisch ist. Aber viel öfter hat man sie in Kleidern und Aufzügen gesehen, die in vielerlei Hinsicht gewagt waren. Befreiung und Provokation über selbst bestimmte und selbst definierte Sexyness.
Selbst diejenigen, die sich nicht mit Mode beschäftigen und vielleicht nicht wissen, welchen Einfluss sie gestalterisch und als Professorin genommen hat, haben wahrscheinlich davon gehört, dass sie diejenige ist, die ohne Unterwäsche kam, als sie 1992 von der Queen ausgezeichnet wurde. Es bedurfte gar keiner Gerüchtekocherei, sie posierte Monroe-like mit wehendem Rock, der wegen seiner Länge extra schwungvoll wehte und keine Fragen offen ließ. Was in ihrem Fall aber kein Skandal war, sie wurde ja nicht geehrt als zuverlässigste königliche Schwiegertochter, sondern weil sie Vivienne Westwood ist. Vivienne Isabel Swire aus Glossop in Derbyshire, ausgebildete Grundschullehrerin, rebellisch seit eh und je, exzentrisch in bester britischer Manier, von zerstörerischer Kraft, wenn es um sinnlose Konventionen geht, von großer gestalterischer Kraft, wenn es Dresscodes gesellschaftlicher Veränderungen betrifft. „Too fast to live, too young to die“ ist die Songzeile zum (manchmal Zwölfton-)Kanon ihres Lebens. Eine Modeschöpferin im Wortsinn. In den 50ern fing es mit Secondhandzeug an. Die Arbeitskleidung für die Jungs von den Sex Pistols machte die Mutter des Punk berühmt. „Let it rock“, der Laden, den sie vor 50 Jahren mit Malcolm McLaren in der Londoner King’s Road eröffnete, war der Ausgangspunkt.